Das Geheimniß
Das Geheimniß,
[
491-492] des -sses, plur. die -sse. 1.
Der Zustand, da eine Sache geheim ist; ohne Plural. Das Geheimniß höret auf, so
bald mehrere um die Sache wissen. 2. Eine geheime, unbekannte Sache;
vornehmlich in folgenden Fällen. 1) Ein geheimes, andern unbekanntes Kunststück
oder Hülfsmittel. Das Geheimniß Gold zu machen. Ein Geheimniß (geheimes
Arzeneymittel) wider das Podagra. 2) Bey den Steinsetzern und Besichtigern der
Gränzen werden die unverweslichen Stücke, welche auf eine geheime und nur ihnen
bekannte Art unter die Gränzsteine geleget werden, Geheimnisse genannt. 3) Was
verschwiegen oder unbekannt ist oder bleiben soll. Ein Geheimniß aus etwas
machen. Die Absicht seiner Reise ist noch ein Geheimniß. Ich dächte, ich machte
kein Geheimniß aus meiner Liebe, Gell. Du willst Geheimnisse vor mir haben?
Jemanden mit in sein Geheimniß ziehen, ihm seine geheime Angelegenheit bekannt
machen. Das Geheimniß soll unter uns bleiben, es soll es außer uns niemand
erfahren.
Der Frevler, sollt' er wohl in mein Geheimniß dringen? Weiße.
Ein Geheimniß verrathen, ausplaudern. Auch kleine und
nachtheilige Umstände, von welchen, wenn sie bekannt werden sollten, Nachtheil
zu befürchten ist. 4) Dinge, deren Daseyn erwiesen und bekannt ist, von denen
uns aber die Art und Weise ihres Daseyns unbekannt ist. Das Geheimniß der
Dreyeinigkeit. Das Geheimniß der Menschwerdung Christi. Die Verbindung der
Seele mit dem Leibe gehöret zu den Geheimnissen der Natur. Welches Leben, auch
das niedrigste und dunkelste, hat nicht seine Geheimnisse und Wunder? Gell.
Anm. Im Nieders. nur Heimniß, im Oberdeutschen ehedem Heimlichkeit. So wird in
dem 1522 zu Basel gedruckten neuen Testamente Heimlichkeit durch Sacrament
gegeben. Ehe noch das Wort Geheimniß allgemein wurde, hatte man andere Wörter,
das Griech. und Lat. Mysterium auszudrucken. Notker braucht Tougene, der
Übersetzer Isidors Chiruni, der Übersetzer Tatians Giruni, im Angels. Geryne,
von raunen. [
493-494]