Der Flügel
Der Flügel,
[
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Diminut. das Flügelchen, Oberd. Flügellein. 1. Was da flieget, d. i. sich in
der Luft beweget; doch nur in einigen Fällen. So werden die kleinen Fahnen auf
den Mastbäumen, welche beständig wehen, und den Wind zeigen, Flügel genannt,
zum Unterschiede von den Wimpeln und Flaggen. Im Nieders. heißt eine jede
Windfahne auf einem Gebäude ein Flügel. Dahin gehören auch die Flügel einer
Windmühle, diejenigen Theile, welche von dem Winde herum gedrehet werden, und
die ganze Maschine in Bewegung setzen; die Flügel einer Spule, welche im
Umdrehen der Spule in einem Kreise fliegen, u. s. f. 2. Ein Werkzeug zu
fliegen, an den fliegenden Geschöpfen, Vögeln und Insecten. 1) Eigentlich, wo
es besonders von den mit Schwungfedern versehenen Gliedmaßen der Vögel
gebraucht wird, vermittelst deren sie sich in der Luft fortrudern. Der Vogel
breitet die Flügel aus, schwinget die Flügel, lässet die Flügel hängen u. s. f.
Ein Äntenflügel, Ganseflügel u. s. f. Auch das von Federn entblößte Glied
führet in den Küchen und bey Tische noch den Nahmen des Flügels. Von den
Flügeln der Vögel hat man so wohl im gemeinen Leben als in der edlen und höhern
Schreibart verschiedene figürliche Redensarten entlehnet. Zu jenen gehöret: die
Flügel hängen lassen, traurig seyn; einem die Flügel beschneiden, sein
Vermögen, seine Freyheit vermindern; Flügel bekommen, Kräfte, Vermögen
bekommen; sich die Flügel verbrennen, aus Vorwitz in Schaden gerathen u. s. f.
Zu diesen: Jetzt, da ich auf Flügeln der Liebe hierher eile, mein Glück
vollkommen zu machen, Weiße. Flügel der Morgenröthe, Ps. 139, 10.
Die goldnen Flügel schwingt der Ruf stolz über dir, Weiße. Und
wenn die Freyheit denn Vor. Banden los den goldnen Flügel schlägt, ebend.
Dahin gehören auch die biblischen R. A. in welchen Gott
Flügel beygeleget werden, seinen Schutz anzudeuten. 2) Figürlich. (a) So fern
sich die Flügel zu beyden Seiten an dem Körper des Thieres befinden. So werden
die beyden äußersten Enden einer in Schlachtordnung Armee, eines Corps
Soldaten, eines Regimentes, Battalliones u. s. f. und die auf diesen Enden
befindlichen Soldaten Flügel genannt. Der rechte, der linke Flügel. Auf dem
rechten Flügel stehen. Den Flügel schwenken. Der linke Flügel wurde geschlagen.
Die Flügel ausbreiten, Es. 8, 8. Im Jagdwesen, die rechte oder linke Seite
eines Jagens, und die daselbst befindlichen Leute. In einem andern Verstande
sind im Jagdwesen die Flügel die von einem Ende des Waldes bis zum andern
gehauenen Wege, welche auch Stellwege, Richtwege, Alleen, Durchhiebe genannt
werden. An Gebäuden ist der Flügel ein an dem Ende eines Hauptgebäudes
angesetztes Gebäude. Im Festungsbaue sind es die langen Seiten eines Horn- und
Kronwerkes, welche von dem Hauptwalle oder den Außenwerken bestrichen werden.
Im Wasserbaue sind die Flügel Werke, welche von dem Ufer aus in den Strom
geführet werden, entweder das Ufer zu sichern, oder auch das Strombett zu
ändern, und welche auch Buhnen, Bühnen, Abweiser, Packwerke, Krippen u. s. f.
genannt werden. In der Anatomie werden die Seitentheile der Nase, und die obern
Theile der Ohrläppchen Flügel genannt. Die beweglichen Hälften einer Thür oder
eines Fensters heißen gleichfalls Flügel, eine Thür, ein Thor mit zwey Flügeln;
so wie an den Kinderkleidern und an den Röcken der Trompeter gewisse von dem
Rücken herunter hängende Theile,
S. Flügelkleid. Ruth. 3, 9 wird der Zipfel des Kleides
ein Flügel genannt,
S. Fittich. Bey den neuern Schriftstellern des
Pflanzenreiches heißen die an den Seiten des Schiffes der Blumen stehenden
Blumenblätter, Flügel, Alae; und im gemeinen Leben werden die Arme der Menschen
zuweilen im Spotte Flügel genannt,
S. Fittich. Jemanden bey dem Flügel nehmen und zur Thür
hinaus führen. (b) Ein musikalisches Saiten-Instrument, welches wie ein Clavier
gespielet wird, und von außen die Gestalt eines Flügels hat. Anm. Dieses Wort
lautet im Nieders. Flegel, im Schwed. Flygel, im Dän. Floj, im Epirotischen
Flele. Im Niedersächsischen ist dafür auch Flucht, Flüchte, Flunk, und in
Baiern Flenkel üblich. [
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