Die Finsterniß
Die Finsterniß,
[
163-164] plur. die -sse, die
Abwesenheit oder der Mangel des Lichtes. 1. Eigentlich, wo dieses Wort nur von
einem hohen Grade dieses Mangels gebraucht wird, obgleich finster auch von
geringern Graden üblich ist. in der Finsterniß der Nacht. Es war eine solche
Finsterniß, daß man nicht die Hand vor den Augen sehen konnte. Werke der
Finsterniß, in der bibli- schen Schreibart, die im Finstern begangen werden. 2.
Figürlich. 1) In der Astronomie, der Zustand, da uns das Licht eines
Himmelskörper auf eine Zeit lang entzogen wird, da derselbe verfinstert, d. i.
unserer Empfindung nach verdunkelt wird. Eine Sonnenfinsterniß, eine
Mondfinsterniß. 2) Abwesenheit der Verständlichkeit, der Deutlichkeit. wie oft
läßt man uns Lehrsätze ins Gedächtniß prägen, die für uns mit Finsterniß
umgeben sind! Gell.
Umringt mit heiligen Finsternissen, ebend.
Ingleichen der Zustand undeutlicher Begriffe. Das Licht der
Seele verhüllet sich im Finsternisse, wenn wir es mißbrauchen, ebend. 3)
Ungewißheit. Ich sehe in die Zukunft, aber da ist nichts wie Finsterniß. 4) Ein
unberühmter Zustand. Eines Geitzigen Nahme bleibet im Finsterniß, Pred. 6, 4.
5) Ein geheimer, verborgener Ort, in der biblischen Schreibart. Was ich euch
sage im Finsterniß, das redet im Licht, Matth. 10, 27. 6) Widerwärtigkeit,
Trübsal, Anfechtung, Unglück; in welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel
sehr häufig ist, außer der biblischen Schreibart aber nicht gebraucht wird. 7)
Der Zustand herrschender Unwissenheit und Sünden; auch nur in der Deutschen
Bibel, und zwar sehr häufig. 8) Die Beraubung des zeitlichen Lebens,
gleichfalls nur in der biblischen Schreibart. 9) Der Zustand der Verdammten
nach diesem Leben; auch nur in der Deutschen Bibel. Anm. In allen diesen
Bedeutungen, die erste figürliche ausgenommen, ist der Plural nur in der höhern
und dichterischen Schreibart üblich. Finstarniss kommt schon bey dem Ottfried
und Finstarness bey dem Tatian vor. Notker gebraucht dafür Finstrina, Willeram
aber Vinstre, und noch die heutige Oberdeutschen die Finstere. Im Nieders. ist
dafür Düsterniß und Bisterniß üblich. Im Oberdeutschen ist dieses Wort, so wie
mehrere auf -niß, ungewissen Geschlechtes, das Finsterniß, in welchem es auch
mehrmahl in Luther Bibel vorkommt, ungeachtet es eben daselbst in dem
weiblichen noch häufiger ist. [
163-164]