Ergreifen
, verb. irreg. act. (
S. Greifen,) schnell angreifen und fest halten. 1.
Eigentlich. Den Stock, einen Ast, das Messer ergreifen. Jemanden bey dem Mantel
ergreifen, bey der Hand, bey dem Barte u. s. f. Etwas mit der Hand ergreifen.
Der Löwe ergriff das Schaf. Die Waffen ergreifen. 2. Figürlich. 1)
Sich einer Person plötzlich bemächtigen. Einen Dieb auf frischer That
ergreifen. Er wurde über einer bösen That ergriffen. Auf daß
nicht der Bluträcher dem Todtschläger nachjage und ergreife ihn, 5
Mos. 19, 6. 2) Nach einer noch weitern Figur, auch von dem Feuer, dem Regen,
den Gemüthsbewegungen, Leidenschaften u. s. f. wenn sie einen Gegenstand
plötzlich überfallen, oder sich dessen bemächtigen. Wenn ein
Feuer auskommt und ergreift die Dornen, 2 Mos. 22, 6. Mich hat ergriffen die
elende Zeit, Hiob. 30, 16. Die Angst hat mich ergriffen, Es. 21, 3. Freude und
Wonne werden sie ergreifen, Kap. 35, 10. Banges Erstaunen ergriff die
Versammlung, Klopst. Empfindungen, die mich allmächtig ergreifen, ebend.
3) Wählen und gebrauchen. Einen Vorschlag, einen Rath ergreifen. Ich
weiß kein besseres Mittel zu ergreifen. Ich ergreife diesen Rath, diesen
Vorschlag, dieses Anbiethen mit beyden Händen. Den Weg Rechtens ergreifen.
Eine gewisse Lebensart ergreifen. Jemandes Partey ergreifen. Die Flucht
ergreifen. Die Gelegenheit ergreifen, sich derselben bedienen. 4) * Begreifen,
eine Sache nach ihren Gründen einsehen; eine nur im Oberdeutschen
übliche Bedeutung. Eine Sprache ergreifen, Bluntschli. Ich ergreife Gott
nicht, Hiob 23, 9. So auch die Ergreifung. Kero gebraucht kechriffan für
ergreifen in dessen eigentlichen Bedeutung. [
1895-1896]