Ereignen
, verb. reg. recipr. sich ereignen, sichtbar werden, sich
zeigen; in dieser eigentlichen Bedeutung nur noch im Oberdeutschen. Im
Hochdeutschen gebraucht man es nur in engerer Bedeutung von Begebenheiten,
für unvermuthet wirklich werden, sich zutragen. Wenn sich der Fall
ereignen wird. Es ereignete sich ein gefährlicher Handel. Nie wird sich
eine so schöne Gelegenheit wieder ereignen. Daher die Ereignung, dasjenige
was sich ereignet, eine Begebenheit.Anm. Dieses Verbum ist ein Intensivum,
welches vermittelst des n von dem im Hochdeutschen veralteten ereignen,
sichtbar werden, gebildet worden.
S. -Nen.
Zur Rechten um die Wink erauget sich die Stadt. Dach. Sieh an
die rothen Wangen, In denen alle Zier und Ausbund sich ereigt, Opitz.
So gebraucht auch Rudebert im 9ten Jahrhunderte bey dem
Goldast sein urougon und Ottfried sein irougan. Es war aber auch ein Activum,
welches sichtbar machen, zeigen, verkündigen bedeutete. Vnz Krist sich unz
yrougta, bis Christus sich uns zeigte, Ottfr. In dem übersetzten Isidor
ist araugan beweisen, und Araucnissa der Beweis. Kaaugan ist bey dem Kero und
eaugen im Angels. erscheinen; öga im Schwed. und eiga im Isl. sehen;
augan, ougen, aber bey dem Kero, Ottfried und Notker zeigen, welche Bedeutung
das Nieders. ögen noch hat. Ich dacht, sol ich mich gen ihr eugen, nach
ihr sehen, Hans Sachs. Aus allem erhellet, daß ereignen unstreitig von
Auge abstammet, und wenn die Abstammung das höchste und einzige
Schreibegesetz wäre, so müßte man es allerdings eräugnen
schreiben, wie seit Vorstii Zeiten von mehrern Sprachlehrern wirklich empfohlen
worden. Allein ich habe in meiner Orthographie gezeigt, daß nur die
nächste Abstammung, und auch diese nur in zweifelhaften Fällen ein
Schreibgesetz seyn könne. Die Abstammung dieses Wortes von Auge ist weder
der Form noch der Bedeutung nach so klar, daß man sie für die
nächste halten könne, die einem jeden von selbst einleuchten
muß, wenn sie zu einem Gesetze dienen soll. Auch ist hier nichts
zweifelhaftes, wenn man nicht vorsetzlich auf Zweifel ausgehet; denn im Hoch-
und Oberdeutschen ist die Aussprache ereignen allgemein, und eine solche
Allgemeinheit ist denn billig als das erste und vornehmste Gesetz für die
Schrift anzusehen. [
1885-1886]