En
, eine Endsylbe vieler Deutschen Wörter, welche aber von
verschiedener Bedeutung, und vermuthlich auch von verschiedenem Ursprunge
ist.1. Bey den Verbis ist sie, 1) die gewöhnliche Endung des Infinitives
der heutigen Hochdeutschen Zeitwörter, welche darin mit den Griechischen
Zeitwörtern auf - -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommen. Auch die Zeitwörter der
Persischen, der Krimmisch-Tartarischen, und anderer, dem Ansehen nach sehr
entfernter Sprachen endigen sich auf en, den und ten. Dieses Deutsche en der
Infinitive ist sich indessen nicht zu allen Zeiten gleich geblieben, und noch
jetzt wird es von manchen, besonders rauhern Mundarten im Deutschen sehr
verschieden ausgesprochen. Bey den ältesten Alemannen, bey den Pontischen
Gothen bey den Angelsachsen lautet es an; bey den Alemannen der mittlern Zeiten
und noch in einigen Schwäbischen Mundarten ent und und, sattend,
sättigen, wohnund, wohnen, frewund, freuen, werdent, werden, u. s. f.
Andere gemeine Mundarten, wie die Thüringische, Fränkische,
Schlesische, Pfälzische u. s. f. verbeißen n, und verwandeln das e
wohl gar in ein a, wie esse und essa, für essen, gehe, geha, für
gehen, lebe, leba, leben u. s. f. Auf ähnliche Art endigen sich noch jetzt
die Zeitwörter der Schweden und Isländer auf ein a, und der
Dänen auf ein e; flya, fliehen, flyta, fließen, gelda, gelten, ende,
enden, tinge, dingen u. s. f. Auch die Infinitive in der alten Bretagnischen
Sprache endigen sich auf ein a, anderer zu geschweigen. 2) Aber nicht allein
der Infinitiv, sondern auch die erste und dritte Person des Plurals nehmen
diese Endung an; wir haben, sie haben. Die mittlere Alemannische Mundart hatte
auch hier ein ent; die sich ergebent, die sich encziehent. Diese Form
näherte sich, wenigstens in der dritten Person, der Lateinischen Sprache;
habent, amant, legunt. Einige Niedersächsische Mundarten der vorigen
Jahrhunderte verbeißen das n ganz, wy bekennet unde betüget, wir
bekennen und bezeugen; und noch jetzt spricht man in einigen Gegenden
Niedersachsens so.2. Was die Substantive betrifft, so endigen sich nicht nur
viele derselben auf ein en, sondern andere, die diese Sylbe in der ersten
Endung des Singulars nicht haben, nehmen solche in den folgenden Endungen an.
Doch dabey wollen wir uns hier nicht aufhalten.3. Wichtiger ist der Gebrauch
dieser Sylbe, aus Substantiven Adverbia und Adjective zu bilden, da sie denn
die Materie andeutet, woraus eine Sache bestehet. Sie wird alsdann nur an das
Hauptwort angehänget, doch so, daß, wenn sich in der nächst
vorher gehenden Sylbe ein a, o oder u befindet, diese gemeiniglich in ä,
ö und ü verwandelt werden. Hären, von Haar, messingen, von
Messing, leinen, von Lein oder Leinwand, ahörnen oder ahornen, zwillichen,
hörnen, von Horn, flächsen, hänfen, golden, ehedem gülden,
pergamenten, tuchen u. s. f. Wenn sich das Hauptwort bereits auf ein e endiget,
so wird Ein e weggeworfen; wie in eichen für eicheen, fichten,
büchen, irden, seiden, tännen, wöllen u. s. f. Auch fällt
das e der Endsylbe weg, wenn das Hauptwort am Ende ein r hat; kiefern,
küpfern, silbern, ledern, alabastern. Die alten und mittlern Oberdeutschen
machen diese Beywörter auf in und ein, welche Form in Oberdeutschland noch
jetzt hin und wieder angetroffen wird; güldin, silberin; hurnein,
hörnen, hänfin, sichtin, seidin u. s. f. Auf eine sehr
übereinstimmige Art bildeten die Lateiner dergleichen Beywörter
vermittelst der Endung inus. asininus, caninus, bovinus, faginus, figulinus,
faemininus, u. s. f.
S. auch -enzen. In andern Wörtern ist dafür
die Sylbe ern üblich, besonders im Hochdeutschen; hölzern,
ströhern, drähtern, eisern, fleischern, zinnern, knöchern,
beinern,steinern, wächsern, gläsern u. s. f. Die Oberdeutschen haben
einige dieser Beywörter auch, viele derselben aber rechnen sie den
Obersachsen als einen Fehler an, und sagen dafür wächsen, beinen,
steinen, knöchen u. s. f. Von dieser Endsylbe ern soll an ihrem Orte noch
etwas gesagt werden. Hier ist noch zu untersuchen, was die Sylbe en an solchen
Beywörtern eigentlich bedeutet. Ein leerer Schall ist sie gewiß
nicht. Hr. Rammler hält sie für das Vorwort in. Ein Recensent in der
neuen Hamburger Zeitung läugnete solches, und behauptete, dergleichen
Wörter würden in der Deutschen Sprache Monstra seyn. Und doch sind
diese Monstra so selten eben nicht. Wir haben wenigstens viele Partikeln, in
welchen die Endsylbe en unläugbar aus dem Vorworte an oder in entstanden
ist, welche in dieser Zusammensetzung terminum a quo, und in weiterer Bedeutung
einen Ort überhaupt bedeutet. Dergleichen sind oben, Schwed. ofwan,
Isländ. ofan, hinnen, Schwed. hädan, Isländ. hiedan, dannen,
Schwed. thädan, nieden, Schwed. nedan, unten, ferren, oder nach der neuern
Mundarten fern, Schwed. fiärran, außen, innen u. s. f. wohin auch die
Wörter Norden, Osten, Süden, Westen gehören. Sollte denn nun
dieses Vorwort, nach einer gewiß nicht monströsen Figur, an den
Hauptwörtern nicht auch materiam ex qua bedeuten können, zumahl wenn
man das Vorwort an in der noch üblichen Bedeutung der Ähnlichkeit
nimmt?
S. Ähnlich, An, Anm. 6. und -enzen. Doch bey dem
hohen Alterthume dieser Endung bleibt dieses freylich nur eine Muthmaßung.
Die Comparative und Superlative werden von diesen Beywörtern wenig
gebraucht, weil die Sache selbst sie unnöthig macht. Ganz
ungewöhnlich sind sie aber doch nicht, zumahl in figürlicher
Bedeutung. Die eisernste Stirn. Das ehernste Herz. Die hölzernste
(unempfindlichste) Mensch.4. Endlich ist auch des alten noch in Oberdeutschen
üblichen Gebrauches dieser Sylbe zu gedenken, da sie der Beywörtern
auf lich angehänget wird, Adverbia daraus zu bilden; bittlichen, für
bittlich, willkührlichen, endlichen, jämmerlichen, wirklichen,
schriftlichen, gänzlichen u. s. f. Ja man findet sie häufig an andern
Nebenwörtern, wenn sie gleich nicht als Beywörter üblich sind;
abermahlen, jedesmahlen, sintemahlen, alldieweilen, gleichwohlen, gestalten,
warummen u. s. f. Dieser Anhang, der bloß auf Rechnung der Alemannischen
Weitschweifigkeit zu schreiben ist, ist den Hochdeutschen fremd und
anstößig, ungeachtet einige derselben ihn auch in indessen, sonsten
und andern Wörtern aufgenommen haben. [
1803-1804]