Einig
, adj. et adv. welches vermittelst der Endsylbe ig, von dem
Neutro des Beywortes ein gebildet worden, und nach dessen verschiedenem
Gebrauche auch verschiedene Bedeutungen hat. [
1709-1710] I.
So fern ein das Zahlwort ist, bedeutet einig etwas, welches nur das Eine seiner
Art ist, obgleich wiederum mit mancherley Einschränkungen und
Nebenbegriffen.1. Eigentlich, was entweder in dem schärfsten Verstande,
oder doch unter gewissen Umständen, nur Ein Mahl vorhanden ist; da es denn
am häufigsten als ein Adjectiv gebraucht wird, aber im Hochdeutschen
veraltet ist, indem einzig dafür eingeführet worden. Indessen kommt
es noch häufig in der Deutschen Bibel vor, wird auch in der Theologie noch
von Gott in diesem Verstande gebraucht. Es ist nur ein einiger Gott. Du bist
der einige Fremdling hier, 1 Mos. 19, 9. Bist du denn der einige Fremdling in
Jerusalem? Luc. 24, 18. Wie durch des einigen Sünders einige Sünde u.
s. f. Röm. 5, 16. Unsere einige Freude, unser einiger Trost in unserm
Alter, Tob. 10, 5. Er (Gott) ist einig, wer will ihm antworten? Hiob 23, 13.
Ingleichen als ein Umstandswort, für allein, eine Sache mit
Ausschließung aller andern anzudeuten, oder mit Ausschließung aller
andern Dinge von ihr zu behaupten. Denn mein Vorsatz einig der gewesen, mich
selber in der Einsamkeit aufzumuntern, Opitz. Das ist einig und allein die
Ursache.
S. Einzig, welches in dieser ganzen Bedeutung im
Hochdeutschen üblicher ist. Noch ungewöhnlicher ist es, das einig in
diesem Verstande als ein Adjectiv zu gebrauchen. Niemand ist gut, denn der
einige Gott, denn Gott allein, Marc. 10, 18. Der einige Paulus, für Paulus
allein.2. Figürlich. 1) Bey den neuern Philosophen heißt ein einiges
Wesen, ein solches, in welchem alle Eigenschaften, welche man in demselben
denket, zu gemeinschaftlichen darin gegründeten Folgen vereiniget sind.
S. auch Dreyeinig. 2) Einerley Meinung, einerley Willen
habend; am häufigsten als ein Adverbium. Ich bin darin mit ihm einig, d.
i. ich habe darin einerley Meinung mit ihm. Die Schriftsteller sind hierin
nicht einig, d. i. sie sind verschiedener Meinung. Sie wurden einig, den Feind
in der Nacht anzugreifen, sie vereinigten sich. Wer mit sich selbst nicht einig
ist, der ist mit jedermann uneinig. In der Lehre nicht einig seyn. In einigen
Fällen auch mit der zweyten Endung des Hauptwortes. Des Handels, des
Preises einig werden. In engerer Bedeutung ist einig, dem zwieträchtig
entgegen gesetzet, und da wird man einig, wenn man vorher in Feindschaft
gelebet oder sich gezanket hat. Einig werden, sich aussöhnen. Sie leben
sehr einig mit einander. In welchem Verstande es auch zuweilen als ein Adjectiv
gebraucht wird. Ein Paar sehr einige Eheleute. Einige Amtsgenossen.
S. Eins.II. So fern ein ein Pronomen ist, und jemand
bedeutet, wird einig gleichfals als ein unbestimmtes Pronomen gebraucht,
mehrere Dinge Einer Art sehr unbestimmt anzudeuten. Es wird alsdann ohne
Artikel und so wohl mit als ohne Hauptwort gebraucht. 1. Eigentlich, mehrere
Dinge Einer Art zu bezeichnen, deren Anzahl so unbestimmt ist, daß nicht
einmahl der Begriff der Vielheit oder Wenigkeit ausgedruckt werden soll. Ich
habe ihn einige Mahl gesehen. Es sind noch einige Äpfel da. In einigen
Stücken hast du vollkommen Recht. Er sagte mir einige Worte, die ich aber
nicht recht verstand. Er sprach nur einige wenige Worte. Es wollen einige
behaupten, daß u. s. f. Oft auch in Beziehung auf andere, in welchem Falle
im Singular ein gebraucht wird. Einige sagen dieß, andere jenes. An
einigen Orten mehr, an andern weniger. Einige lieben, andere hassen ihn. Die
Verbindung mit dem voran gehenden Genitive des Hauptwortes, der Freunde, der
Häuser einige, für einige Freunde, einige Häuser, ist veraltet,
und nur noch zuweilen im Oberdeutschen üblich.Nur mit den Relativen kommt
sie noch zuweilen vor. Sind Käufer da? - Ja, es sind deren einige da,
oder, es sind ihrer einige da. Richtiger hat es den Genitiv des Hauptwortes
nach sich, wenn dasselbe mit einem Pronomine possessivo verbunden ist. Einige
meiner Freunde haben ihn gesehen. Einige deiner Verwandten. Einige der
Unserigen. Daß dieser Genitiv auch mit andern Pronominen gebraucht werden
könne, ist von einigen bestritten worden. Indessen höret man doch
oft: einige dieser Unglücklichen; es waren ihrer sechs, einige derselben
waren krank. Es scheinet nicht, daß diese Fälle tadelhaft wären.
Wenn aber gar kein Pronomen vorhanden ist, so ist es der Hochdeutschen Mundart
freylich gemäßer, statt des Oberdeutschen Genitives, die
Vorwörter von, unter und aus zu gebrauchen. Einige von den Gefangenen,
für einige der Gefangenen; einige unter den Soldaten, einige aus der Mitte
u. s. f.
S. Ein, welches in diesem Falle mit einig einerley
Wortfügung hat, ingleichen Etlich, welches in der Sprache des
täglichen Umganges für einig üblich ist. Eigentlich ist einig in
diesem Verstande nur im Plural gebräuchlich, Allein, wenn das Hauptwort
ein Collectivum ist, welches nur im Singular am gewöhnlichsten ist, so
findet auch der Singular Statt. Es ist noch einiges Getreide vorhanden. Er
hatte einiges Geld bey sich. Man gebraucht es im gemeinen Leben zwar auch noch
in andern Fällen. Ich glaube nicht, daß er einigen Bekannten hier
habe. Noch über einigen Baum, Offenb. 7, 1. Allein alsdann ist es entweder
das Zahlwort, oder es hat auch die folgende Bedeutung. Denn, es wird dieses
Wort auch, 2. Im Singular gebraucht, eine unbestimmte Mehrheit zu bezeichnen.
Ich leide einigen Schaden dabey. Er hat bey dieser Sache einiges Glück
gehabt. Du wirst nie einiges Glück haben. Einiger Maßen. Er sucht
seine Einkünfte auf einige Art zu vermehren. Einige Zeit darauf. Besonders
mit verneinenden Wörtern, in deren Gesellschaft es die Verneinung
verstärkt. Ohne einigen Schaden. Wir wurden ohne einige Ursache
geschmähet. Kein Handwerksmann - einiges Handwerks, Offenb. 22, 8. Ohne
einig Schwert oder Siangen, Bel. V. 25.Anm. Dieses Wort lautet in beyden
Hauptbedeutungen bey dem Kero einig, bey dem Übersetzer Isidors einic,
einich, bey dem Ottfried einig, und mit dem Hauchlaute heinig, bey dem Notker
unga, bey dem Ulphilas einaha, im Schwed. enig, enke, im Angels. aenig, anig,
aenlic, anlic, im Latein. unicus. Die eigentliche Bedeutung der Endsylbe ig ist
in diesem Worte noch dunkel. Statt des Pronominis gebrauchte man ehedem auch
nur das Pronomen ein, und setzte alsdann nicht nur den Hauchlaut, sondern oft
auch noch de voran, hein, dehein, und mit der Endsylbe ig, heinig, theheinig,
bey dem Ottfried ni heiniga sacha. Thegein vrsach, ulla occasio, in dem Gesetze
Ludwigs und Lothars um das Jahr 840. Daher kommt es, das chain so oft für
ullus als für nullus gefunden wird; zu chainer wer, zu einiger Wehr,
Stryker.
S. Kein. [
1711-1712]