Ehrlich
, -er, -ste, adj. et adv. der Ehre gemäß, doch nach
dem verschiedenen Gebrauche dieses Hauptwortes auch mit verschiedenen
Nebenbegriffen und Einschränkungen.1. Äußeres Ansehen,
äußere Vorzüge, vornehm. Rathsherren und ehrliche Leute, 4 Mos.
16, 2. Hauptleute über funfzig und ehrliche Leute, Ps. 3, 3. Ein ehrlicher
Mann und am königlichen Hofe wohl gehalten, Esth. 6, 1. Daß nicht
etwa ein ehrlicher denn du von ihm geladen sey, Luc. 14, 8. Die ehrliche Pracht
des Königreiches, Ps. 145, 12. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung,
wenigstens in der edlern Schreibart, veraltet. Allein im gemeinem Leben wird
ehrlich noch oft für ansehnlich, in der figürlichen Bedeutung dieses
Wortes, gebraucht. Meine Blüthe brachte ehrliche und reiche Frucht, Sir.
24, 24. Ein ehrliches, beträchtliches, ansehnliches, Heirathsgut. Das hat
mich ein Ehrliches gekostet. Ja es scheinet, daß dieses Wort, wenigstens
in einigen Gegenden für gut gebraucht worden; denn in den alten
Niedersächsischen Urkunden findet man mehrmahls des de erliker für
desto besser.2. Der öffentlichen Achtung, dem guten Nahmen
gemäß; obgleich wiederum mit mancherley Einschränkungen. 1) In
Ansehung der durch die äußere Ordnung eingeführten Begriffe von
Ehre und Schande. Er ist ehrlichen Herkommens, er ist von ehrlichen Ältern
geboren. Ein ehrliches Begräbniß. Ein ehrlicher Ort. Eine ehrliche
Hantierung. Sich ehrlich nähern.
S. Unehrlich. 2) Der äußern Gerechtigkeit, den
Pflichten der bürgerlichen Gesellschaft gemäß. Ein ehrlicher
Mann, der diese Pflichten erfüllet. Der ehrliche Nahme, der allgemeine
Ruf, daß man solche erfülle. Ich schwöre es als ein ehrlicher
Mann. Besonders so fern die Haltung der Treue und des Glaubens, und die
Beobachtung der natürlichen Billigkeit eine dieser Pflichten ist. Ein
ehrlicher Mann hält sein Wort. Ehrlich währet am längsten. Eine
Sache ehrlich bezahlen. Ich habe es ja mit ehrlichen Leuten zu thun. Ehrlich
und redlich mit jemanden umgehen. Ich habe ihm ehrlich gedienet. 3) Seit der
Verfeinerung und mit derselben erfolgten Verschlimmerung der Sitten bedeutet
der Ausdruck, ein guter ehrlicher Mann, oft nur einen Mann, der weiter nichts
als diese bürgerliche Tugend besitzet, übrigens aber Mangel an
derjenigen Klugheit leidet, welche die feine Lebensart eingeführet hat,
und die mit der bürgerlichen Ehrlichkeit freylich nicht alle Mahl bestehen
kann. In der engsten Bedeutung ist ein ehrlicher Mann oft so viel als ein
geduldiger Hahnrey.3. Besonders, dem äußern Wohlstande, der
Reinigkeit der Sitten gemäß, im gemeinem Leben. Die Ehe soll ehrlich
gehalten werden, Ebr. 13, 4. Lasset alles ehrlich und ordentlich zugehen, 1
Cor. 14, 40. Ein ehrliches Mädchen, das nicht wider die äußere
Ehrbarkeit handelt. Sie ist ehrlich, handelt nicht wider die guten Sitten.4.
Rühmlich, löblich, was Ehre oder Ruhm verdienet. Menigklich nam
groß frewd ab der erlichen rat, Theuerd. Kap. 82. Tilgte die alten
ehrlichen (löblichen) Gesetze ab, 2 Macc. 4, 11. Ehrlich (löblich)
regieren, in einem 1514 gedruckten Deutschen Livius. Und ist ihm ehrlich
(rühmlich), daß er Untugend überhören kann, Sprichw. 19,
11. Doch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet.Anm. Schon bey dem
Ottfried und Willeram bedeutet erlicho, eerlich, anständig, decorus,
honestus, ingleichen ehrerbiethig, reverenter. Das Schwed. arlich und Dän.
ärlig kommen mit dem Deutschen in der Bedeutung
überein. [
1657-1658]