Durchtreiben
, verb. irreg. act.
S. Treiben.Durchtreiben. Ich treibe durch,
durchgetrieben. 1) Durch einen Ort oder Raum treiben, d. i. zu gehen zwingen.
Ungeachtet der Fluß tief war, so wurde das Vieh dennoch durchgetrieben.
Einen Pflock durchtreiben, durch ein Loch. Erbsen durchtreiben, sie
zerdrücken und in Gestalt eines Breyes durch den Durchschlag treiben. 2)
Figürlich. Eine Sache durchtreiben, seine Absicht dabey, ungeachtet aller
Hindernisse, erreichen, sie durchsetzen. Ich hoffe es schon noch
durchzutreiben.Durchtreiben, von welchem nur das Mittelwort durchtrieben
üblich ist. 1) * Für durchdrungen; in welcher im Hochdeut-schen
unbekannten Bedeutung dieses Wort nur 2 Pet. 2, 14 vorkommt: Haben ein Herz
durchtrieben mit Geitz. 2) * Geschickt, geübt, erfahren. Hugo Grotius,
dessen Verstand und in allen dem, was Wissenschaft heißt, durchtriebene
Geschicklichkeit meines Lobes nicht bedürfend ist, Opitz. Die, welche in
der Theologie, Philosophie und Historie nicht allerdings durchtrieben sind,
ebend. So bist du in aller Zeiten Historien dermaßen durchtrieben u. s. f.
ebend. Der nicht minder in der Gelehrsamkeit als Regierungssachen durchtriebene
Herr von Zulichem, Gryph. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen fremd, wo
man dieses Wort, 3) nur im vertraulichen Umgange und gemeinen Leben für
verschlagen, listig, in allen Leichtfertigkeiten erfahren, gebraucht. Ein
durchtriebener Gast, ein durchtriebener Schalk, ein durchtriebener Vogel u. s.
f. einen verschlagenen, leichtfertigen und listigen Menschen zu bezeichnen.
Daher die Durchtriebenheit, welches Wort zuweilen für Verschlagenheit,
List gebraucht wird. Das Nieders. bedreven bedeutet so wohl geübt,
erfahren, als verschlagen, listig. Das Nieders. dordreven und Dänische
durchdreven kommen mit dem Hochdeutschen überein. Dörbakken,
dörtagen, durchgezogen, und dörtrappt, eigentlich, der wie ein
listiger Fuchs schon manchen Fallstricken entgangen ist, haben bey den
Niedersachsen eben dieselbe Bedeutung. Diese haben aber noch ein anderes Wort,
eben denselben Begriff auszudrucken, welches drehharig lautet, und im
Hochdeutschen gemeiniglich durch dreyhärig gegeben wird. Allein, es
scheinet, daß die erste Sylbe vielmehr zu dem Zeitworte drehen als zu dem
Zahlworte drey gehöret. Das Hauptwort ein Drehhaar, und das Beywort
drehhaarig, würden alsdann eine buchstäbliche Übersetzung des
Latein. intricatus seyn, welches gleichfalls von trica, verwickelte,
ungelämmte Haare, abstammet. Das oben gedachte Nieders. dörtagen,
verschlagen, listig, bedeutet eigentlich auch verwickelt. [
1611-1612]