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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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Dreuschen | | Der Dreyangel

Drey

, eine Grundzahl, welche zwischen zwey und vier der Mitte stehet. Dieses Zahlwort wird entweder wie ein Beywort mit einem Hauptworte verbunden, oder es stehet ohne Hauptwort.Hat es das Hauptwort bey sich, so gehet entweder der bestimmte Artikel vorher oder nicht. In dem ersten Falle, wenn der Artikel oder statt dessen ein Pronomen vorher gehet, so ist es so wohl in den Geschlechtern, als auch in den Endungen unveränderlich. Die drey Männer, die drey Blumen, die drey Häuser. Die Besitzer der drey neuen Häuser. Von den drey Dieben wurden ihrer zwey gehenket. Die Bedienten der drey Fremden. Aus den zwey oder drey ersten Blicken, Gell. Zwar pflegen einige Oberdeutsche Schriftsteller das Zahlwort im Genitive und Dative auch hier zu decliniren. Der dreymahl dreyen Schwestern, Opitz. Der dreyer Schwestern, Flemm. Seinen treuen dreyen Schäfern, ebend. Allein ein Hochdeutscher wird wohl nicht leicht in Versuchung gerathen, sie darin nachzuahmen. [1543-1544] Eben so stehet es auch, wenn der bestimmte Artikel fehlet, und das Zahlwort von einem Vorworte regieret wird. Vor drey Jahren. In drey Stunden läßt sich viel sagen. Er konnte es mit drey Worten sagen. In drey Tagen, Gell. Nach drey Tagen, ebend. Freylich finden sich auch hier häufige Beyspiele der Deklination. In dreyen Tagen, 2 Mos. 10, 23. Nach dreyen Tagen, Matth. 27, 63. Mit ihrem kleinen Sohne und dreyen Gratien, Opitz. Von dreyen Dingen kommt am meisten Übels her, ebend. Mit dreyen Chören, Tschern. Der Cerberus mit dreyen Köpfen, ebend. Nach dreyen Augenblicken, Haged. Allein auch an dieser Abänderung scheinet entweder das Sylbenmaß oder die Oberdeutsche Mundart Schuld zu seyn.Ganz anders hingegen verhält es sich im Genitive und Dative, wenn nicht nur der Artikel fehlet, sondern auch kein Bestimmungswort vorhanden ist, welches den Casum bezeichnen könnte, in welchem Falle derselbe an dem Zahlworte bezeichnet werden muß; da denn der Genitiv dreyer und der Dativ dreyen hat. Das Zahlwort folgt in diesem Falle in den jetzt gedachten bey den Endungen der dritten Deklination der Beywörter, da der Artikel gleichsam hinten an das Beywort angehänget wird. Der Ertrag dreyer Rittergüter. Auf zweyer oder dreyer Zeugen Mund soll sterben, wer des Todes werth ist, 5 Mos. 15, 6. Matth. 18, 16. Denn hier beziehet sich das Vorwort auf nicht auf das Zahlwort und dessen Hauptwort, sondern auf Mund. Von dreyer Schwestern Hand, Flemm. Ich habe das Geheimnis nur dreyen Freunden anvertrauet. Er entdeckte sich dreyen Freunden.Auf eben diese Art wird das Zahlwort declinirt, wenn es absolute und ohne Hauptwort stehet. Es sind ihrer drey. Aller guten Dinge sind drey. Er kann nicht drey zählen. Es schlägt drey. Es schlägt auf drey. Du dreyer treueste, die Eine Mutter brachte, Flemm. wo auch der Genitiv eine unangenehme Härte macht, daher er auch in andern Fällen nicht leicht gebraucht wird. Das Gut gehöret dreyen zu, drey Personen. Wähle dir aus den dreyen eines.
Er wollte von mir wissen, Wer von den holden dreyenBey mir den Vorzug hätte, Haged.
Wenn einige Dichter im Nominativ dreye für drey gesagt haben, so sind sie dazu nur durch das Sylbenmaß oder den Reim verleitet worden.
Ich und jene lieben dreye, Deren einer nur ist hin, Flemm. Wir sind da, wir treuen dreye, ebend.
Zuweilen kann es auch zu einem Hauptworte erhöhet werden, drey Individua als ein Ganzes zu bezeichnen.
Und hätt ihn auch das schwesterliche Drey Der Grazien zum Liebling auserkohren, Wiel.
Ingleichen die Drey, die Zahlfigur drey, im Plural die Dreyen.Anm. Dieses Zahlwort ist sich in den meisten Sprachen und Mundarten ähnlich geblieben. Es lautet bey dem Isidor dhrie, bey dem Ottfried thri, dria, bey dem Ulphilas thrin, thrins, in der Schweiz dryg, im Nieders. dree, im Angels. drie, dreo, im Holländ dry, drie, im Engl. three, im Wallis. tri, im Schwed. tre, im Isländ. thryr, bey den Krimmischen Tatarn tria, im Böhmischen, Wendischen und Russischen tri, im Pohln. trzey, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Latein. tres. Ihre findet die Abstammung von dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , drey, nicht unwahrscheinlich, weil der Übergang des sch in t und des l in r in den wenigsten Sprachen etwas ungewöhnliches ist. Man könnte hinzu setzen, daß das Chaldäische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - dem Europäischen drey noch näher kommt.Noch mehr aber stimmet mit demselben der Nahme der Zahl drey in vielen heutigen Asiatischen und selbst Amerikanischen Sprachen überein. So heißt diese Zahl, z. B. auf den Salomons-Inseln Tolou, auf den Cocos-Inseln Tolon, in Neu-Guinea Tola, auf der Moses-Insel Tolou, auf der neu entdeckten Insel Taiti in der Südsee aber Atorou. Dieses Zahlwort kann wie andere Zahlwörter mit allerley Beywörtern zusammen gesetzet werden, selbst mit solchen, die für sich allein genommen nicht üblich sind; z. B. dreybeinig, dreyköpfig, dreyfüßig, dreyblätterig, dreymonathlich, dreypfündig, dreysylbig, und so mit hundert andern, die keiner Erklärung vonnöthen haben, hier also auch nicht gesucht werden dürfen. [1545-1546]
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