Dein
, pronomen possessivum, oder das zueignende Fürwort der
zweyten Person, welches so wohl mit einem Substantive, als auch ohne dasselbe
gebraucht wird.I. In Gesellschaft des Substantives, wird es auf folgende Art
abgeändert: dein, deine, dein; Gen. deines, deiner, deines; Dat. deinem,
deiner, deinem; Accus. deinen, deine, dein; Plur. deine; Genit. deiner; Dat.
deinen; Accus. deine. Es bedeutet, 1) eigentlich, etwas, welches der zweyten
Person gehöret, oder womit sie in Verbindung stehet, in so fern sie
unmittelbar angeredet wird. Dein Vater. Deine Tochter. Dein Haus. Deine
Güter. Er ist auch einer deines Gleichen. Deines Gleichen ist niemand in
der Stadt; wo das Adjectiv gleich die Stelle eines Substantives vertritt. 2)
Figürlich, etwas, womit die zweyte Person in entfernterer Verbindung
stehet, dessen sie eben gedacht hat, u. s. f. Es thut nichts zur Sache, wenn
dein obiger Gelehrter das Gegentheil sagt, der, dessen du oben gedacht hast. Du
kannst dein Bißchen Französisch, Gell. für ein Bißchen.Es
wird wie alle eigentliche Pronomina alle Mahl ohne Artikel gebraucht. Stehet
zwischen demselben und dem Substantive noch ein Adjectiv, so wird dieses am
sichersten so decliniret, als wenn statt des Fürwortes der unbestimmte
Artikel ein da wäre. Dein armes Kind. Deine kleinen Fehler, Gell. nicht
deine kleine Fehler, obgleich solches häufig genug geschiehet.Wenn der
Kaiser an die Reichsfürsten schreibet, so bedienet er sich gemeiniglich
der Abkürzung Dr. Liebden, welches nach dem alten Gebrauche, da die
Fürsten von dem Kaiser du genannt wurden, deiner hieß, jetzt aber, da
die Fürsten in dem Zusammenhange von dem Kaiser Sie genannt werden, auch
Dero bedeuten kann und muß.Wenn so wohl dieses als auch die
persönlichen Pronomina mein, sein, unser, euer, ihr, vor den
Hauptwörtern Halbe, Weg, Wille zu stehen kommen, und in dieser Verbindung
einen Bewegungsgrund ausdrucken sollen, so wird um des Wohlklanges willen das n
am Ende mit dem t vertauschet; so daß aus um deinen Willen, deinen Wegen,
deinen Halben, u. s. f. wird: um deinet Wegen, deinet Willen, deinet Halben,
oder noch richtiger deinetwegen, deinetwillen, deinethalben. Um deinetwillen
(aus Liebe, aus Achtung für dich) ist es gewiß nicht geschehen. Das
habe ich deinetwegen (zu deinem Nutzen, aus Liebe zu dir) gethan. Man kann
diese Art des Ausdruckes auch durch die zweyte Endung des persönlichen
Fürwortes geben; allein alsdann muß zwischen dem Pronomen und dem
Substantive noch selbst eingeschaltet werden. Es ist um deiner selbst Willen,
oder um dein selbst Willen, geschehen.Hieraus folget aber nicht, daß in
deinetwegen, seinetwillen, meinethalben u. s. f. das Pronomen gleichfalls die
zweyte persönliche Endung deiner, seiner, meiner, sey. Man kann solches
leicht beweisen, wenn man nur die ältern Schriftsteller und die Analogie
zu Hülfe nimmt. Ist minan halbun gedan, sagt noch Ottfried für
meinethalben oder in meinem Nahmen. Als man nachmahls das t euphonicum
anzuhängen anfing, hing man es an das n, ohne dieses wegzuwerfen; so
findet sich schon in dem 1514 gedruckten Livius synenthalb. Nachmahls warf man
auch das n weg, und so stehet schon im Theuerdanke von seint wegen. Über
dieß gibt es mehr Fälle, wo das t euphonicum zwar das n, nicht aber
das r begleitet; z. B. eigentlich, ordentlich, für eigenlich, ordenlich.
S. T. Im Oberdeutschen vermeidet man diese Zusammensetzung gern und sagt
dafür wegen meiner, wegen deiner u. s. f.II. Soll dieses Pronomen allein,
mit Auslassung des Substantives gesetzet werden, so geschiehet solches auf eine
doppelte Art.1. So, daß das ungewisse Geschlecht dein adverbialiter
gebraucht wird. Die Erbschaft ist dein, gehöret dir zu. Alle diese
Äcker wären dein: Behalte, was dein ist. Ist dieses Buch dein? Ist
doch das Rittergut dein, Gell. Das Loos ist dein gewesen, hat dir gehöret.
Das Geld ist dein, Es sind nicht mehr als hundert Gulden mein,
Gell.
Ingleichen mit der Inversion, um eines besondern Nachdruckes
Willen. Dein ist das Reich, und die Kraft u. s. f.
Dein sey das Ebenbild des ersten Sohnes, Raml.
Deine ist in diesem Falle ein Fehler, ungeachtet derselbe im
gemeinen Leben sehr häufig ist. Die Erbschaft ist deine. Man sagt ja, die
Blume ist roth, ist schön, und nicht, sie ist rothe, schöne.Dieser
Gebrauch des persönlichen Pronominis hat die Regel für sich, daß
alle Adjective im ungewissen Geschlechte als Adverbia gebraucht werden
können, und die Pronomina sind doch in gewisser Betrachtung nichts anders
als Adjective. So wie ich nun sagen kann, das Wetter ist schön, der Baum
ist hoch, das Messer ist scharf, so kann man auch sagen, die Sache ist dein,
das Gut ist euer u. s. f. Es gehet dieses auch mit Fragen an, doch nur wenn mit
dem Verbo seyn gefraget wird. Wessen ist dieses Buch? Antw. Es ist dein; indem
das Adverbium alle Endungen vertritt.2. Hingegen gibt es auch Fälle, wo
dieses und alle übrige zueignende Fürwörter auch ohne die
adverbische Gestalt von dem Substantive verlassen seyn können, doch so,
daß sie sich auf dasselbe beziehen. Alsdann gehen sie in der Declination
von ihrer ordentlichen Form in nichts ab, als daß die erste und vierte
Endung im Singular deiner, deine, deines, meiner, meine, meines u. s. f. hat.
Dieses ist nicht mein Haus, sondern deines. Wessen Knecht war er? Antw. Deiner.
Man gab es nicht meinem Freunde, sondern deinem.
Frey von der Zärtlichkeit ist noch kein Herz
geblieben; Nur deines Sylvia - -Sylv. Nur meines kann nicht lieben, Gell.
Anm. Dein, bey dem Übersetzer Isidors dhiin, im Nieders.
diin, ist sich in allen Europäischen Sprachen ähnlich geblieben. Bey
dem Ulphilas lautet es theins, im Angels. dine, thin, im Engl. thine, im Franz.
ton, im Holländ. diin, im Dän. din, im Schwed. din, im Isländ.
thinn, im Hungar. tieed, in den Slavonischen Mundarten tvoj, in der Dorischen
Mundart der Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , bey den Lateinern tuus. Das Stammwort ist
du. [
1441-1442]