Der Buchstab
, des -ens, plur. die -en, ein willkürliches Zeichen der
unzertrennlichen oder einfachen Theile eines Wortes. 1. Eigentlich. Ein
einfacher, ein zusammen gesetzter, oder doppelter Buchstab, Doppelbuchstab. Ein
kleiner, ein großer Buchstab. Ein Anfangsbuchstab u. s. f. Er hat mir
keinen Buchstaben davon geschrieben, er hat mir nicht das geringste davon
gemeldet. Ich habe noch keinen Buchstaben von ihm gesehen, keine Zeile, keinen
Brief. 2. Figürlich, ohne Plural. 1) Der eigentliche Wortverstand. Was
würde da heraus kommen, wenn man dieses nach dem Buchstaben verstehen
wollte?
S. Buchstäblich. 2) Das Gesetz, im Gegensatze des
Evangelii, welcher Gebrauch aber bloß biblisch ist. Unter dem Buchstaben
seyn, Röm. 2, 27. Die Beschneidung des Herzens geschiehet nicht im
Buchstaben, sondern im Geist, V. 29. Das Amt des Buchstabens, 2. Cor. 3, 6. Der
Buchstab tödtet, aber der Geist machet lebendig, V. 7; welche Stelle
Notker Ps. 70, 15, übersetzt: Diu ehaschrift diu irslahit, diu geistscrift
diu irchichit.Anm. Buchstab, Nieders. Boogstaf, lautet schon bey dem Kero
Puahstaba, bey dem Ottfried Buahstabo, in dem alten Gedichte auf Carls des
Großen Feldzug bey dem Schilter Bouhstaf, bey dem Stryker Puechstab, im
Dän. Bogstav. Statt dieses Wortes war ehedem auch nur das einfache Stab
üblich, wie aus den veralteten Niedersächsischen Staf, dem Angels.
Staef, und dem heutigen Schwed. und Isländ. Staf, alle in der Bedeutung
eines Buchstabens erhellet. Bey dem Älsrik bedeutete um das Jahr 970
Staefe be Staefe, so viel als von Wort zu Wort, und in den Monseeischen Glossen
wird Puchstapa für die Gelehrsamkeit überhaupt gebraucht. Daß
dieses Wort seiner letzten Hälfte nach unser heutiges Stab ist, daran ist
wohl nicht zu zweifeln; nicht aber, weil die alten Deutschen ihre Schrift in
büchene Stäbe geschnitten, welches unerweislich ist, sondern weil die
älteste und besonders die nordische Schrift, den geraden Stäben
glich, [
1241-1242] welche Ähnlichkeit bey den Runen
noch sehr deutlich ist. Das Wort Buch sollte diese Stäbe von andern
Stäben unterscheiden. Buch bedeutete, wie schon oben bemerket worden,
ehedem eine jede Schrift; Buchstab ist also nichts anders als ein Schriftstab,
oder geschriebener Stab. Die Abänderung dieses Wortes ist in den Deutschen
Mundarten sehr verschieden; in allen weicht es in der Declination von dem
einfachen Stab schon von Alters her ab. Die oben angeführte ist im Hoch.
und Oberdeutschen die üblichste. Wer im Nominat. der Buchstabe sagt, hat
weder Gründe, noch Gebrauch auf seiner Seite. [
1243-1244]