Die Brille
, plur. die -n, 1. Eigentlich, ein Erleichterungsmittel des
Sehens, welches aus zwey vermittelst eines Bügels vereinigten
geschliffenen Gläsern bestehet, und auf die Nase gesetzet wird. Die Brille
aufsetzen. Durch die Brille sehen, lesen, schreiben. Die Brille gebrauchen. Die
Brille ablegen, den Gebrauch der Brille. 2. Figürlich. 1) Von der
vergrößernden Eigenschaft der Brille. Jemanden Brillen verkaufen, ihm
eine Brille aufsetzen, in der niedrigen Sprechart, ihn hintergehen. Das sind
Brillen, das ist ein Betrug, eine Verblendung. 2) Wegen einiger
Ähnlichkeit in der äußern Gestalt. Die Brille eines heimlichen
Gemaches, die runde Öffnung in diesen Sitze, und das ganze Bret, welches
diese Öffnung enthält. In der Landwirthschaft wird das Leder mit
Stacheln, welches man jungen Lämmern, die man von dem Saugen
entwöhnen will, auf der Nase befestiget, eine Brille genannt, und im
Festungsbaue ist die Brille ein Außenwerk von zwey Faßen, welches zu
beyden Seiten des Novelins angeleget wird.Anm. Im Oberdeutschen und
Niedersächsischen ist dieses Wort auch männlichen Geschlechtes, der
Brill, welches der Abstammung gemäßer ist, als das Hochdeutsche
weibliche Geschlecht. Im Dänischen lautet es Brille, im Schwed. Briller,
als ein Plurale, im mittlern lateine Berillus, im Böhmischen Breyle. Die
gewöhnlichste Meinung ist, daß dieses Wort von Beryll, Beryllus,
abstammet. Allein Beryll bedeutet alsdann nicht so wohl den in engerer
Bedeutung so genannten meergrünen Edelstein, sondern einen jeden Krystall
oder krystallähnliches Glas. Daher heißt es in dem Onomastico
Paracelsi: Berillus speculum cristallinum consecratum; ingleichen: Berillistica
est ars ipsa vi-siones in berillis et cristallis videndi. Brill, Brille, im
alten Franz. Bericle, bedeutet also eigentlich den Krystall, in welchen man
allerley unbekannte Dinge zu sehen glaubte, und der noch unter dem großen
Haufen bekannt ist. Herrn Ihre's Ableitung von dem Ital. Briglia, ein Zaum,
weil die Brille gleichsam ein Nasenzaum sey, ist dieß Mahl mehr witzig als
gründlich. Ein Florentinischer Edelmann, Nahmens Salvini, der 1317
gestorben ist, soll der Erfinder der Brillen seyn, wenigstens wird ihm diese
Erfindung in seiner Grabschrift beygelegt. Wenn es in einem Briefe eines Abtes
Johann von dem Ende des 12ten Jahrhundertes bey dem du Fresne heißt:
Statim ut litterarum vestrarum bajulum vidi, bustulam arripiens, non solum
avide legi et relegi u. s. f. so erklären du Fresne und andere Bustula
hier gleichfalls durch eine Brille. Allein es ist hier vielmehr das Diminutivum
von Busta, ein Kasten, Büchse, und bedeutet weiter nichts, als das
Behältnis, worin sich der Brief befand, welches Diminutivum auch Buxula,
Buxtula, Bustilla, Bussola, Buxola u. s. f. lautet. Ehedem nannte man eine
Brille auch einen Augenspiegel. [
1195-1196]