Beywohnen
, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
bey oder neben etwas wohnen. 1) Eigentlich, in welcher im Hochdeutschen
veralteten Bedeutung ehedem auch das Hauptwort ein Beywohner für Anwohner
üblich war.2. Figürlich. 1) Den Beyschlaf vollbringen, in edlen und
anständigen Ausdrücken. Einer Person ehelich beywohnen; im mittlern
Lateine habitare und cohabitare. 2) Mit bestimmter Absicht bey etwas
gegenwärtige sey; größten Theils nur von höhern Personen,
von denen man mit Achtung spricht. Einer Schlacht, einem Spiele, einem
Leichenbegräbnisse, einer Rathsversammlung beywohnen. So wohnt er Geistern
bey, Dusch.
Sie wohnt den Engelschaaren Und deiner Mutter bey, Opitz. Wirke
du in meinen Sinnen, Wohne mir im Schatten bey, Can.
3) Haben, besitzen, am häufigsten von den
Fähigkeiten und Eigenschaften des Geistes. Es wohnt ihm große
Klugheit bey. In welcher im Hochdeutschen größten Theils veralteten
Bedeu-tung man nur noch zuweilen gegen Höhere sagt, die Ew. - -
beywohnende Einsicht, Klugheit u. s. f. Im Oberdeutschen ist dieses Wort von
einem desto weitern Umfange der Bedeutung.
Sit mir wont di froide bi, Gottfr. von Nifen. Mir wont vil
vngemaches bi, Dietmar von Ast.Ob mir ir gnade wonet bi, Reinmar der Alte. Den
das Recht wonet pey, Hornegk. Kap. 13,
die das Recht haben.
Und wonet im noch so viel beySchicklichait mir gelückes
vall, Theuerd. Kap. 17. Ihm wohnt viel Gutes bey, Opitz. Dergleichen wohnet
nichts des Helden Söhnen bey, ebend. Dem Zorne wohnt kein Maaß und
Glanz der Wahrheit bey, ebend. Den Frommen wohnet bey. Viel Ungemach, viel Kreutz
und Noth, ebend.
Wofür eben derselbe auch das einfache Zeitwort mit dem
Vorworte bey gebraucht:
Wohnt Kunst und Witz bey dir.
4) * Beystehen, welche Bedeutung im Hochdeutschen gleichfalls
veraltet ist.
Drum hat der Herr der Unschuld beygewohnet, Opitz. Wer ihn, den
Herrn, liebt. Bey diesen hält er Stand,Wo er sich hingewandt, Wohnt ihnen
kräftig bey, ebend. Ps. 97.
5) Bekannt, bewußt seyn, welche Bedeutung gleichfalls
mehr im Oberdeutschen, als im Hochdeutschen vorkommt. Es wohnt mir nicht bey,
es ist mir nicht bekannt, ich kann mich nicht darauf besinnen.
Mir wohnt kein Wort von Freuden bey, Das tröstlich oder
nicht, gut oder böse sey, Opitz. Denn dieß wohnt ihm genugsam bey, Was
unser Zeug und Ursprung sey, ebend.
Es wohnt mir eine dunkele Erinnerung bey, die Stelle schon
anderswo gelesen zu haben, Litter. Briefe.So auch die Beywohnung, in allen
obigen Fällen, besonders von dem ehelichen Beyschlafe. [
993-994]