Bewahren
, verb. reg. act. Sorge für etwas tragen, so wohl in
Ansehung der Erhaltung des Zustandes einer Sache, als auch ihrer
Beschützung vor aller Verschlimmerung von außen; ein Wort, welches im
Hochdeutschen anfängt selten zu werden, in der [
961-962] biblischen Schreibart aber mit verschiedenen Nebenbegriffen vorkommt.
1) An einem sichern Orte aufbehalten, verwahren. Du hast das sehr unbedachtsam
bewahret. Ich bin gewiß, daß er mir kann meine Beylage bewahren bis
an jenen Tag, 2 Tim. 1, 12. 2) Den Zustand einer Sache unverletzt erhalten.
Sich rein und keusch bewahren. Gott setzte den Menschen in den Garten Eden,
daß er ihn baute und bewahrte, 1 Mos. 2, 15. Bewahre ewiglich solchen Sinn
und Gedanken im Herzen deines Volkes, 2 Chron. 13, 18. Das gerechte Volk das
den Glauben bewahret, Es. 26, 2. 3) Besonders, durch Beobachtung der Gefahr,
für bewachen. Zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens, 1 Mos. 3, 24. Da
Saul hinsandte und ließ sein Haus bewahren (bewachen) daß er ihn
tödtete, Pf. 59, 1. 4) Ingleichen, durch Abhaltung dessen, was
schädlich seyn kann. Das Fleisch vor der Fäulniß bewahren. Sich
vor der Kälte, der Hitze bewahren, verwahren. Die Grenzen vor den
feindlichen Streifereyen bewahren, bedecken. Jemanden vor Gefahr, vor
Unglück bewahren. Hüte dich nun, und bewahre deine Seele wohl, 5 Mos.
4, 9, 15. In dieser Bedeutung wird es im Hochdeutschen noch am häufigsten
von Gott gebraucht.
Bewahre mich mein Gott, von dem ich alles habe, Vor Stolz und
Übermuth, Gell.
Gott bewahre mich! eine im gemeinen Leben übliche
Formel, sein Mißfallen, Abscheu, Schrecken u. s. f. auszudrucken. 5) Wie
auch, durch Erfüllung seiner Verbindlichkeiten. Daher die so häufigen
biblischen R. A. die Gebothe Gottes, seinen Bund u. s. f. bewahren, 5 Mos. 4,
2; Kap. 33, 9.So auch die Bewahrung.Anm. Von allen diesen Bedeutungen ist
bewahren in der vierten, so fern es von Gott für behüten gebraucht
wird, im Hochdeutschen noch am üblichsten. Das einfache wahren, bey dem
Ulphilas wardjan, bey dem Ottfried uuara, bey Isidors Übersetzer uueran,
ist noch in dem Nieders. wahren, bewahren, behüthen, erhalten, vorhanden,
welches auch einige in das Hochdeutsche einführen wollen. So heißt es
z. B. in den Litteratur-Briefen: Wenn die Gleichheit unter ihnen hätte
können gewahret werden. Das zusammen gesetzte bewahren kommt schon bey dem
Willeram und Notker vor. In den mit der Deutschen verwandten Sprachen sind
beyde Formen üblich, wie aus dem Engl. beware, und to ware, und Schwed.
beware erhellet. Selbst im Böhmischen ist warowati, sich hüthen,
bewahren. Herr Ihre leitet dieses Wort mit vieler Wahrscheinlichkeit von wara,
sehen, ab, zumahl da auch das verwandte Griechische -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ich sehe, bewahren
bedeutet.
S. Gewahr, Wahr, Warte und Warten. Das Substantiv der
Bewahrer, ist außer den Zusammensetzungen Siegelbewahrer, Kleiderbewahrer,
und vielleicht noch einigen andern, wenig gangbar. Opitz gebraucht es ein Mahl
für einen Beschützer. [
963-964]