Betragen
, verb. irreg. (
S. Tragen,) welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Activum. 1) Auf eine Sache so viel als nöthig ist, oder so
viel sie fassen kann, tragen. So betragen die Goldschmiede das Silber, welches
sie vergolden wollen, wenn sie das verquickte Gold auf dasselbe tragen oder
verbreiten, welches vermittelst eines Betragestiftes, oder einer flachen
kupferner Klinge geschiehet, welche an dem einen Ende etwas aufgeworfen ist. Im
gemeinen Leben höret man auch nicht selten, daß die Fliegen das
Fleisch betragen, wenn sie ihre Eyer in dasselbe legen, oder es, wie der
gröbere Haufe spricht, beschmeißen. 2) Sich betragen, sich verhalten,
von allen sittlichen Handlungen deren Absichten, welche die Beschäftigung
unsers Lebens ausmachen. Sich wohl, oder übel betragen. Er hat sich in
seinem Amte sehr schlecht betragen. In dieser Bedeutung, in welcher schon
Ottfried B. 2. Kap. 4 das einfache dragen gebraucht, ist der Infinitivus in
Gestalt eines Hauptwortes, das Betragen, des -s, plur. inus. noch
üblicher, die Beschaffenheit der menschlichen Handlungen in Ansehung ihrer
Sittlichkeit, besonders im gesellschaftlichen Umgange, auszudrücken. Ein
gutes, ein schlechtes Betragen. Dein Betragen hat mich sehr gewundert. Ich
vermuthete von dir ein billigeres Betragen. Im Oberdeutschen sagt man statt
dieses Wortes auch der betrag, die Betragenheit, oder die Betragniß. Sich
mit jemanden wohl oder übel betragen, vertragen, fängt an in
Hochdeutschen zu veralten.
S. auch Benehmen und Verhalten.II. Als ein Neutrum, mit
dem Hülfsworte haben, eine gewisse Summe ausmachen. Die ganze Summe
beträgt zehn Thaler. Es wird nicht viel betragen. Wie viel betragen seine
sämtlichen Schulden?Anm. Sich betragen, in der zweyten Bedeutung des
Activi lautet in Niedes. sik gedrängen. Veraltete Bedeutungen dieses
Zeitwortes sind, sich betragen, für sich ernähren, im
Schwabenspiegel, und sich betragen lassen, sich verdrießen lassen, bey dem
Hornegk. [
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