Besichtigen
, verb. reg. act. in Augenschein nehmen, feyerlich oder mit
Sorgfalt besehen. Eine streitige Grenze, einen Erschlagenen, einen
entblößten Gang besichtigen. Die Straßen besichtigen. In den
meisten Fällen, in welchen dieses Wort im Hochdeutschen gebraucht wird,
schließet es eine gewisse Feyerlichkeit ein, die mehr als das Besehen
ausdruckt. Allein im Oberdeutschen wird es aller Fällen für besehen
gebraucht, weil man daselbst auch ein schönes Haus, einen angenehmen
Garten besichtiget, die man im Hochdeutschen nur besiehet. Doch wird das
Hauptwort die Besichtigung auch für das Besehen gebraucht, weil dieses
Verbum kein Hauptwort auf - ung hat. Daher der Besichtigungsschein, das visum
repertum.Anm. Es ist nicht zunächst von dem Beyworte sichtig, wie Frisch
glaubt, sondern es ist das Frequentativum von dem veralteten besichten, welches
noch in einer Urkunde von 1431 vorkommt; daher es schon vermöge dieser
Form einen mehrern Nachdruck hat, als besichten und besehen. [
911-912]