Außer
, eine Partikel, welche in doppelter Gestalt vorkommt.I. Als
eine Präposition, welche mit der dritten Endung des Nennwortes verbunden
wird, und eine Ausschließung andeutet; und zwar,1. Eigentlich, eine
Ausschließung dem Orte nach, außerhalb, im Gegensatze des veralteten
inner. Außer der Stadt wohnen. Ich habe etwas Nothwendiges außer dem
Hause zu verrichten. Auch außer den Pallästen der Reichen wohnt unter
der Hütte von Stroh wahre Freude. Suche die Quelle deiner Zufriedenheit
nicht außer dir auf. Glückseligkeit außer der Tugend suchen,
heißt die Seligkeit in der Hölle erwarten, Dusch.Hierher gehören
auch folgende figürliche Redensarten. Außer sich seyn, oder kommen,
sich seiner nicht mehr bewußt seyn. Er war vor Freude ganz außer
sich. Ich komme ganz außer mir, Gell. Die gemeinen R. A. sich außer
Athem laufen, reden,schreyen, u. s. f. etwas außer Acht lassen, für
aus dem Athem, aus der Acht, scheinen noch Überbleibsel des alten
Gebrauches zu seyn, da außer sehr oft für die Präposition aus
gesetzt wurde.2. Figürlich, der Person und Sache nach, wo das folgende
Hauptwort gemeiniglich den Artikel verlieret. Außer Stande seyn, nicht im
Stande seyn. Er ist ganz außer Stande sich zu helfen. Ingleichen für
ohne. Außer Gefahr, außer Schuld seyn. Sich außer Schuld setzen.
Nun bin ich außer Sorgen, nun ist meine Sorge gehoben, nun habe ich keine
Sorge mehr dafür. Außer Fassung, außer Thätigkeit gesetzt
werden. Wenn die Thorheit gar zu groß ist, so ist gewiß das Herz
selten außer Schuld, Cron. Wie auch über. Außer diesen
Geldsorten hatte er noch andere. Zuweilen auch der Zeit nach, besonders in der
gemeinen Redensart: es ist außer der Zeit, es ist nicht die gehörige
Zeit dazu.Hierher gehöret auch die adverbische R. A. außer dem,
welche von vielen irrig als ein Wort außerdem geschrieben wird, für,
dieses ausgenommen. Ich halte sie für etwas eitel, stolz und
gebietherisch; außer dem hat sie ein ganz gutes Herz, Gell. Ingleichen
für über dieses. Man unterhielt, man kleidete ihn; außer dem
verhalf man ihm auch zu einer guten Bedienung.II. Als eine Conjunction,
für ausgenommen, da es denn entweder mit dem Casu des dazu gehörigen
Verbi, oder mit den Partikeln, daß, wo, wenn u. s. f. verbunden wird. Ich
habe niemanden, gebethen, außer dich. Ich habe an niemanden, außer an
dich, geschrieben. Sie waren alle zugegen, außer diese zwey. Es gehet
alles gut, außer daß der eine Punct noch nicht bewilliget worden. er
gehet alle Tage spaziren, außer wenn es übel Wetter ist.Anm. 1.
Verschiedene Sprachlehrer schreiben der Präposition außer drey
Endungen zu, den Genitiv, den Dativ, oder Ablativ, und den Accusativ. Was den
Genitiv betrifft, so kommt er freylich zuweilen vor; allein er ist eigentlich
der Oberdeutschen Mundart eigen, wo außer mit außerhalb verwechselt
wird. Der Pilgram, welchen du siehst außer Weges wallen, Opitz. Wohin auch
die noch im Hochdeutschen übliche adverbische Redensart, außer
Landes, gehöret. Außer Landes seyn, wohnen, in der Fremde. Wenn man
der Präposition außer einen Accusativ zuschreibet, so wird die
Conjunction außer, welche zuweilen den Casum des Verbi bey sich hat, mit
der Präposition verwechselt. Z. B. ich habe niemanden außer dich, wo
dich, nicht von der Partikel, sondern von dem Verbo sehen abhänget.
Indessen ist nicht zu läugnen, daß es auch außer diesem Falle
zuweilen mit der vierten Endung verbunden wird, besonders wenn es so viel wie
das Lateinische praeter bedeutet; z. B. außer die vielen Wunden ist auch
die Niederlage auf beyden Seiten gleich gewesen, in Steinbachs
Wörterbuche.
Und außer ihn lebt wohl fürwahr kein ärgrer
Nabal in dem Lande, Günth.
Welche Wortfügung ohne Zweifel eine unzeitige Nachahmung
des Lateinischen ist. Wenn aber Gellert an einem Orte sagt: er setzt mich durch
seine gar zu große Sparsamkeit außer den Stand jemanden
Gefälligkeiten zu erzeigen: so hat ihn vermuthlich die Regel verleitet,
nach welcher einige Präpositionen, wenn sie eine Bewegung nach einem Orte
zu ausdrucken, mit der vierten Endung verbunden werden. Allein diese Regel
lässet sich hier nicht anwenden, weil die einfache Präposition aus,
mit welcher außer zusammen gesetzet worden, derselben nicht unterworfen
ist. Über dieß ist die ganze Redensart ein wenig ungewöhnlich;
wie denn auch der Artikel hier wider den Sprachgebrauch ist.Anm. 2. Außer,
in der Schweiz außert, ist von aus entstanden, und wurde von den Alten
auch für dieses Vorwort ge- [
645-646] braucht. Uzar
theru menigi, aus der Menge, Ottfried. Ih sprihu uzar iu, ich rede aus euch,
ebend. Die Stelle unsers heutigen außer vertrat bey ihnen die Partikel
uzana, oder außen, wovon bey dem Kero, Tatian, Notker und Ottfried
häufige Beyspiele vorkommen. Die an das aus angehängte Sylbe ar ist
vermuthlich das Nebenwort her, so daß außer, so viel als ausher
bedeutet. [
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