Arg
, ärger, ärgste, adj. et adv. welches in seinen
meisten Bedeutungen den Gegensatz von dem was gut ist, ausdruckt. Es bedeutet
aber,1. * Im physischen Verstande, was seiner Bestimmung nicht gemäß
ist, schlecht. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet; indessen kommt
sie doch in den ältern und mittlern Zeiten nicht selten vor. Ist daz vih
erger uuorden, ist das Vieh ärger oder schlechter worden, heißt es z.
B. im Schwabenspiegel Kap. 312, 22. Ein fauler Baum bringt arge Früchte;
ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, Matth. 7, 17, 18. Dahin
gehöret auch die ärgere Hand, die schlechtere Beschaffenheit einer
Person oder Sache, eigentlich wohl die linke Hand, welche von je her für
schlechter gehalten wurde, als die rechte. So sagte man ehedem in den Rechten
von einem Kinde, dessen Mutter dem Vater an die linke Hand getrauet worden,
daß es die ärgere Hand habe. In Westphalen wird arg noch jetzt
für schlecht gebraucht. In figürlicher Bedeutung bezeichnete Arga bey
den Longobarden so wohl feige, zaghaft, als auch einen gutwilligen Hahnrey, und
vornehmlich einen solchen, der es aus Zagheit ist,
S. du Fresne v. Arga, so wie man noch jetzt einen
verzagten und niederträchtigen Menschen einen schlechten Menschen zu
nennen pfleget. Für zaghaft kommt arg und erg auch bey den
Schwäbischen Dichtern vor:
Si begunden rechte greinenGleich den argen hunden,
d. i. Sie fingen an zu heulen gleich den feigen Hunden,
heißt es bey dem Stryker, Kap. 6. Abschn. 19.2. Sittlich böse, uns
und andern Nachtheil bringend. Arge Gedanken von einem hegen. Etwas zum
ärgsten deuten. Arges von einem deuten. Ich habe nichts Arges, keine
böse Absicht, darunter. Machen sie sich keine arge Gedanken. Ich meine es
so arg nicht. Die Zeiten werden je länger je ärger. Übel
ärger machen, im gemeinen Leben, es noch schlimmer machen. Was das
ärgste bey der ganzen Sache ist, so u. s. f. Er macht es mir zu arg. Die
Menschen selber sind der Menschen ärgste Feinde, Haged.3. Den
göttlichen Gesetzen zuwider, lasterhaft. Diese arge Welt. Wer arges thut,
der hasset das Licht. Die Welt liegt im Argen. So denn ihr, die ihr doch arg
seyd u. s. f. Matth. 7, 11. Durch arges Thun und Denken, Opitz. Ingleichen
boßhaft, nicht nur selbst böse, sondern auch andern zu schaden
bedacht. In diesem Verstande wird der Teufel in der biblischen Schreibart
zuweilen der Arge genannt.4. In der gelindern Bedeutung, aus Muthwillen andern
zu schaden geneigt, muthwillig, leichtfertig. Er ist arg genug dazu. Sie sind
auch gar zu arg. Sprichw. Je ärger Schelm je besser Glück.5. +
Scharf, im moralischen Verstande, strenge. Er verfähret zu arg mit uns, zu
strenge. Er verdiente wohl noch ärgere Verweise. Eine arge Frau, bedeutet
in Niedersachsen eine Frau, die mit ihren Untergebenen streng und gebietherisch
verfähret.6. Groß, wichtig, gefährlich, nicht allen von
nachtheiligen, sondern oft auch von gleichgültigen Dingen. Er beschreibt
es sehr arg, sehr wichtig. Er macht alles ärger, als es ist,
größer. Sie fordern dafür zehn Thaler? das ist zu arg. Denn der
Lappe reißet doch wieder von dem Kleide und der Riß wird ärger,
größer, Matth. 9, 16.Anm. Die erste Bedeutung dieses Wortes ist im
Hochdeutschen völlig veraltet; die zweyte ist im gemeinen Leben
häufig; die dritte ist mehr biblisch und Oberdeutsch, und die drey
folgenden [
423-424] kommen im täglichen Umgange nicht
selten vor. Das hohe Alter dieses Wortes macht dessen Abstammung zweifelhaft.
Wachters Ableitung von dem a intensivo und Rug, Rücken, gleichsam
verkehrt, wozu ihn das arug, perversus, in Lipsti Glossen, und das Goth. arugo,
welches bey dem Ulphilas Joh. 15, 25. für gratis, umsonst, vorkommt,
verleitet haben mag, ist äußerst unwahrscheinlich. So fern arg,
träge, faul bedeutet, kommt es mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , welches man gemeiniglich
von dem -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - privat. und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Werk ableitet, sehr deutlich überein. In den
Monseeischen Glossen wird arg auch durch zähe, gierig erkläret. Das
Hauptwort Arge und Erge findet sich bey dem Notker, in den Monseeischen
Glossen, und bey dem Jeroschin für Verbrechen, Ärgerniß, Geitz
und Böses überhaupt. In den spätern Zeiten ist dafür
Argheit üblich geworden, welches in einigen Oberdeutschen Gegenden noch
bekannt ist. Übrigens wird das g in diesem Worte in Schlesien und andern
Gegenden irrig wie ein k ausgesprochen, und auf stark gereimt. [
425-426]