Anmaßen
, verb. reg. act. 1) Sich zu etwas erbiethen, sich dazu
fähig und bereit erklären; nur noch in den Rechten, wo man in den
Urtheilen mehrmahls lieset: daß Kläger dasjenige, so ihm zu erweisen
aufgelegt, und er sich angemaßet, zur Nothdurft erwiesen habe. 2) Sich
widerrechtlich zueignen, so wohl mit der zweyten, als auch mit der vierten
Endung der Sache. Sich der Regierung, sich eines Titels anmaßen. Sich
fremdes Lob, fremde Güter anmaßen. Er will sich noch immer eine
Gewalt über meinen Willen anmaßen. Sich des Scepters anmaßen,
Can. Die Verbindung mit der zweyten Endung ist die älteste, und der
Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen, welche eine große Menge von
Verbis mit der zweyten Endung der Sache zu verbinden pflegt, und darin der
Griechischen Sprache sehr nahe kommt. Die Hochdeutschen haben diese
Wortfügung abkommen lassen, und dafür in den meisten Fällen die
vierte Endung eingeführet. Daher ist es geschehen, daß auch
anmaßen am häufigsten mit dieser Endung verbunden wird. 3) * Einem
etwas anmaßen, für zumuthen, nur noch im Oberdeutschen. So auch die
Anmaßung, plur. die -en.Anm. Die Abstammung dieses Wortes, welches im
Holländ. anmatigen, im Niedersächsischen aber anmaten und anmatigen
lautet, ist so ausgemacht noch nicht. Die meisten leiten es von Maß,
messen her, und erklären es, sich seinen Theil zumessen. Wahrscheinlicher
ist die in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche Th. 3, S. 155.
geäußerte Muthmaßung, daß es von Macht herkomme, und mit
dem alten Gothischen anamathian, bemächtigen, mit Gewalt entreißen,
einerley sey. Diese Vermuthung wird dadurch bestärket, daß im
Niedersächsischen undermagten und undermaten ehedem gleichfalls
bemächtigen und anmaßen bedeutet hat. Vermuthlich haben die
Oberdeutschen dieses Wort von den Niederdeutschen angenommen, und das t, ihrer
Gewohnheit nach, in den ihnen eigenen Zischlaut verwandelt. [
339-340]