Anheben
, verb. irreg. ich hob an, angehoben,
S. Heben. Es ist,I. Ein Activum.1) Eine Sache durch
Heben der andern nähern. Einen Schrank, einen Kasten an die Wand
anheben.2) Anfangen etwas zu heben; so wohl, (a) in der eigentlichen Bedeutung,
als auch, und zwar noch häufiger, (b) * in der figürlichen, für
anfangen, da es denn mit diesem Verbo nicht nur einerley Bedeutung hat, sondern
mit demselben auch auf einerley Art gebraucht wird. Einen Krieg, einen Aufruhr
anheben. Er hebt an zu lermen. Mit etwas anheben. Ingleichen als ein
Reciprocum. Es hob sich ein Donnern und Blitzen an. Hier hebt sich ein neuer
Abschnitt an. Nun hebt sich das Schreiben an, Raben. Ingleichen, anfangen zu
reden. Wie, hub sie an, hast du mich kommen hören: Gell.II. * Ein Neutrum,
welches mit dem Hülfsworte haben abgewandelt wird, seinen Anfang nehmen.
Ich stehe im Begriffe, auf eine Sonne zu treten, wo ein ganz anderes Leben
anheben soll, Dusch. Das Grab ist nicht das Ende deiner Aussichten, da wird das
erst anheben, warum du hier arbeitest, ebend.Anm. Anheben für anfangen,
kann eben so gut die figürliche Bedeutung von heben, levare, seyn, als es
anfangen von fangen ist. Indessen hat auch des Herrn Ihre Meinung, daß
anheben aus incipere entstanden, ihre Wahrscheinlichkeit, indem [
315-316] die Vertauschung der Buchstaben h und c nichts
ungewöhnliches ist. Man könnte noch die dritte Meinung beyfügen,
nach welcher heben, anfangen, ein von heben, levare, ganz verschiedenes Verbum
seyn würde, weil bey den Isländer und Schweden das einfache haefa und
haewa, anfangen, und Havi einen Urheber bedeutet. Dem sey nun wie ihm wolle, so
ist anheben in dieser Bedeutung ein altes Alemannisches Verbum, welches in der
eigentlichen Hochdeutschen Mundart nie recht üblich gewesen. Luther hat es
zwar, mit in seine Übersetzung der Bibel aufgenommen, aber er aht auch
zugleich die veraltete Abwandelung ich hub an, angehaben, für, ich hob an,
angehoben, mit beybehalten. Da es nun nichts mehr und nichts weniger sagt, als
das üblichere anfangen, es diesen Begriff auch nicht einmahl anschaulicher
ausdruckt, zwey so völlige Synonyma aber ein unnützer
Überfluß sind: so sehe ich nicht ein, warum manche unserer neuern
Schriftsteller so sehr für dieses veraltete Wort eingenommen sind. Zwar
hat es in Ansehung des Wohlklanges einen Vorzug vor anfangen, weil es einen
Consonannten weniger hat. Allein so weit gehet die Feinheit des Gehöres
bey unsern Schriftstellern, wenigstens in andern Fällen noch nicht,
zumahl, da sie das gleich bedeutende aber noch härtere beginnen eben so
sorgfältig wieder zu erneuern gesucht haben, als anheben. Es kann also
wohl nichts anders, als Liebe zum Neuen, bloß weil es das Neue ist, die
Ursache davon seyn. [
317-318]