Anfahren
, verb. irreg. (
S. Fahren,) welches in gedoppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Den Anfang machen zu
fahren, besonders in der Sprache der Bergleute, an seine Arbeit gehen, und zwar
so wohl an die Grubenarbeit, als auch an die Hüttenarbeit.
S. Fahren. Die Bergleute fahren an, sind angefahren.
Daher der Anfahrschacht, des -es, plur. die -schächte, ein Schacht, durch
welchen die Grubenarbeiter anfahren, oder sich an ihre Arbeit begeben;
ingleichen das Anfahrgeld, des -es, plur. inusit. dasjenige Geld, welches der
neue Häuer dem Geschwornen und Steiger derjenigen Zechen bey welchen er
angenommen wurde, ehedem geben mußte, und auch Häuergeld genannt
wird. 2) Sich fahrend einem Orte nähern, hinan fahren. Man kann nicht nahe
an das Haus anfahren. Die Flotte fuhr an die Insel an, ist an die Stadt
angefahren. Wir sind unter Weges bey unserm Freunde angefahren, auf kurze Zeit
ausgestiegen. 3) Im Fahren an etwas anstoßen. Der Fuhrmann ist mit dem
Wagen an die Mauer angefahren. 4) Heran fahren, doch nur mit dem Verbo kommen
und im gemeinen Leben.
Die Baronessinn Quant mit schönen blonden Haaren Kam von
dem Rittergut mit sechsen angefahren, Zach.
[
285-286] 5) In weiterer Bedeutung, von
heftiger Gewalt getrieben, an etwas anstoßen. Die Art fuhr an die Wand an.
Der Ball ist an das Fenster angefahren.II. Als ein Activum. 1) Vermittelst
eines Fuhrwerkes, herbey oder heran führen. Holz, Steine, Schutt anfahren.
2) Figürlich, plötzlich mit harten Worten begegnen. Er fuhr mich
heftig an.
Ein frommer Greis Ward jüngst von ihm sehr höhnisch
angefahren, Haged.
Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt anafaron schon bey dem
Ottfried vor. Anfahren, für übel ankommen, angeführet werden,
ist zwar im Oberdeutschen, aber nicht im Hochdeutschen üblich. Das
Substantiv die Anfahrung kann nur in der ersten Bedeutung des Activi gebraucht
werden. In den Bedeutungen des Neutrius, besonders in der ersten, kommt
zuweilen das Hauptwort die Anfahrt vor.
S. auch Anfurt. [
287-288]