Der Alraun
, des -es, plur. die -e. 1) Eine Pflanze mit einer
glockenförmigen Krone, und einer kugelrunden Beere, welche mit zwey
Fächern versehen ist, ohne Plural; Atropa Mandragora, L. im Deutschen auch
Wolfskirsche, Schlafapfel, Hintschapfel. Diese Pflanze, welche in Spanien,
Italien und der Insel Creta wild wächset, war wegen ihrer medicinischen
Kräfte schon bey den ältesten Völkern bekannt, und der
Aberglaube dichtete ihr noch weit mehr Kräfte an, als sie wirklich hatte.
Damahls ging Ruben zur Zeit der Weitzenernte aus, und fand Alraun auf dem
Felde; den brachte er Lea, seiner Mutter, 1. Mos. 30, 14. f. nach des Herrn
Hofr. Michaelis Übersetzung. 2) Die zu einem Hausgeiste zubereitete Wurzel
der vorhin beschriebenen Pflanze; wo es auch wohl im Diminutivo gebraucht wird,
das Alraunchen. Diese Wurzel ist weiß, dick, unten gespalten, wie zwey
über einander geschränkte Menschenbeine, und mit dünnen
Zäserchen, wie mit Haaren bedeckt; welches alles ihr einiger Maßen
die Gestalt einer menschlichen Bildung gibt. Man pflegt diese Wurzel unter
allerley abergläubigen Umständen zu graben, anzukleiden, und als
einen heilsamen Hausgeist der Leichtgläubigkeit sehr theuer zu verkaufen.
Ein solcher Hausgeist wird noch jetzt an einigen Orten Galgenmännchen,
weil die Wurzel unter dem Galgen wachsen soll, Heinzelmännchen,
Glücksmännchen, Erdmännchen, Geldmännchen, weil er Geld
bringt, Herenmännchen, und in Niedersachsen Alruniken genannt. Weil die
wahre Alraunwurzel in Deutschland selten ist, so wird auch wohl die Wurzel der
Zaunrübe, Bryonia, L. die in der äußern Gestalt einige
Ähnlichkeit mit jener hat, für dieselbe verkauft.Anm. Schon bey den
alten Gothen hieß eine Art Zauberinnen oder weiser Weiber Alirumnae,
welche für das heutige Alrunae gehalten wird, und da auch Tacitus einer
ähnlichen Aurinia bey den alten Deutschen gedenkt, so wollen viele auch
dafür Alruna gelesen wissen. Dem sey wie ihm wolle, so ist das Wort schon
sehr alt, und wird am wahrscheinlichsten von all und dem alten runa, wissen, (
S. Raunen,) abgeleitet, eine Person zu bezeichnen,
welche alles weiß, eine weise Frau. Da man mit der Wurzel der Pflanze
schon sehr frühe Aberglauben getrieben, so läßt sich die
Übertragung des Nahmens von einer weisen Frau auf einen vermeinten Geist
und dessen Pflanze leicht begreifen.
S. Keyßlers
Antiquit.
septemtr. Wachter v. Alraun, und
Ihre v. Runa. Wenn dieses Wort von einer weiblichen
Person gebraucht wurde, so war es vermuthlich weiblichen Geschlechtes, die
Alraune. Aber in der Bedeutung der Pflanze und ihrer Wurzel ist es unstreitig
männlichen Geschlechts, ob gleich Frisch und andere die Pflanze weiblich,
die Wurzel aber männlich gebrauchen, und dadurch auch mich in der ersten
Ausgabe dieses Wörterbuches zu gleichem Irrthume verleitet
haben. [
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