Das Wort
, [
1613-1614] des -es, plur. die -e, und in
der folgenden ersten Bedeutung, die Wörter, Diminut. das Wörtchen, Oberd.
Wörtlein. 1. Ein einzelner Bestandtheil der Rede, der Ausdruck einer
Vorstellung, welche ohne Absatz und auf Ein Mahl ausgesprochen wird, oder auch
ein Ausdruck, welcher einen vollkommen Sinn enthält. In dieser Bedeutung lautet
der Plural Wörter, wenn nähmlich sehr bestimmt solche einzelne Bestandtheile
außer ihrem Zusammenhange gemeinet werden. Eine Sprache bestehet aus Wörtern;
Wörter bestehen aus Sylben. Fremde Wörter mit in seine Sprache mischen. Neue
Wörter bilden. Der Bau der Wörter. Einsylbige, mehrsylbige, edle, unedle
Wörter. Von Wort zu Wort übersetzen, wörtlich.
Begütert, Herr Baron, und Freyer, Die Wörter gehn durch Mark
und Bein, Lichtwehr.
Zuweilen scheint es, daß es, dieser Bedeutung ungeachtet, im
Plural Worte habe. Die ehrwürdigen Worte, Religion und Ehre können wider den
Strom des Beyspieles und der Leidenschaft nicht immer bestehen, Gell. So oft
wir Worte ohne deutliche Begriffe fassen, treiben wir mit unserm Gedächtnisse
den unnatürlichsten Gebrauch, eben ders. Sprechen heißt, seine Gedanken durch
Worte ausdrucken. Er kann mit zwey, drey Worten mehr sagen, als ein anderer mit
zehen. In dem ersten Falle könnte es Wörter heißen; allein da Religion und Ehre
wirklich verbunden sind, so läßt sich auch der Plural, Worte, vertheidigen. In
den übrigen Fällen aber werden sehr deutlich Wörter im Zusammenhange gemeinet,
daher ist der Plural, Worte, der einzige richtige. 2. Wörter im Zusammenhange,
d. i. die Rede, eine Reihe ausgedruckter Vorstellungen, da es denn im Plural
jederzeit Worte hat, selbst wenn es ein Zahlwort vor sich haben sollte. Es wird
in dieser Bedeutung auf verschiedene Art gebraucht. (1) Von einer Rede, d. i.
Reihe ausgedruckter Vorstellungen überhaupt. So wohl im Plural allein. Viele
unnütze Worte machen, weitläufig und ohne Nutzen reden. Wozu so viele Worte?
Das sind leere Worte; jemanden mit leeren Worten abspeisen wollen. Traue meinen
Worten. Nur ein Paar Worte mit jemanden zu reden haben. Jemanden viele gute
Worte geben. Hart mit Worten angelassen werden. Sich mit Worten an jemanden
vergreifen. Etwas mit zwey Worten abfertigen, kurz. Ich weiß kaum Worte zu
finden, meinen Dank auszudrücken. Er brach in diese Worte aus u. s. f. Er ist
von sehr wenig Worten, er spricht wenig. Als auch im Singular allein, doch hier
nur in vielen einmahl eingeführten figürlichen oder sprichtwörtlichen
Ausdrücken, wo Wort immer Rede überhaupt bedeutet. In einer Gesellschaft das
große Wort haben, allein sprechen. Das letzte Wort haben wollen, zuletzt
sprechen wollen. Das Wort führen, den Vortrag im Nahmen mehrerer thun. Das Wort
nehmen, in einer gesellschaftlichen Unterredung anfangen zu sprechen. Ein Wort
gab das andere, eine Reihe von Vorstellungen. Ein gutes Wort für jemanden
einlegen, zu seinem Besten reden. Einem das Wort reden, oder sprechen, ihn
vertheidigen, zu seinem Besten reden. Schon im Schwabenspiegel ist, einem das
Wort reden, ihn vor Gericht vertheidigen. Jemandes Wort unterstützen, seinen
Vortrag, sein Gesuch. Er will es nicht Wort haben, nicht eingestehen. Auf
jemandes Wort bauen, sich darauf verlassen. Ich habe auch ein Wort, ein
Wörtchen, darein zu sprechen, meine Einwilligung ist dabey auch nöthig. Einem
in das Wort fallen, ihn unterbrechen. Man ließ mich nicht zum Worte kommen, zum
Sprechen. Sein Wort anbringen, sein Gesuch. Das ist doch ein Mann, mit dem man
ein Wort reden kann, der gesprächig ist, ingleichen, der Vorstellungen annimmt,
sich lenken läßt. Ihr Wort in Ehren, eine Formel der Höflichkeit, im gemeinen
Leben, wenn man sich genöthiget siehet, dem andern zu widersprechen. Das Wort
starb ihm plötzlich auf der Zunge, er hörte vor heftiger Leidenschaft plötzlich
auf zu reden. Sprichw. Ein gut Wort findet eine gute Statt, gütliche
Vorstellungen sind selten vergeblich. Oft bedeutet Wort, oder ein Wort, eine
sehr kurze Rede. Ich wollte gern ein Wort, ein Wörtchen mit ihm allein
sprechen. Nur noch ein Wort, ehe du den Ausspruch thust. Sagen sie ja kein
Wort, nichts. Ich weiß kein Wort davon. Mit einem Worte, es wird nichts daraus.
Aufs Wort gehorchen, auf den geringsten Befehl. Er spricht kein Wort, sondern
ist immer in Gedanken. Er gedenkt der Freundschaft mit keinem Worte. Ich will
ihnen ein Wort, ein Wörtchen, im Vertrauen sagen. Verlieren sie kein Wort mehr.
(2) In einigen engern Bedeutungen. (a) Im Kriegeswesen wird die Parole bey
einigen Truppen das Wort genannt; und in dieser Bedeutung scheinet der Plural
ungewöhnlich zu seyn. (b) Ein förmliches Versprechen; nur im Singular allein.
Einem das Wort geben, ihm etwas versprechen. Ich verlasse mich auf ihr Wort.
Sein Wort halten, erfüllen. Sein Wort zurück nehmen. Es brechen. Ich halte sie
bey ihrem Worte, dringe auf die Erfüllung ihres Versprechens. Sein Wort von
sich geben, ein förmliches Versprechen thun. Sie haben mein Wort, mein
Versprechen. Ein Mann von Wort, der sein Versprechen hält. Versprich mir auf
dein Wort, niemanden etwas davon zu sagen. Sprichw. Ein Wort, ein Wort, ein
Mann, ein Mann, ein rechtschaffener Mann hält sein Versprechen. (c) Das Wort
Gottes, in der Theologie, die heil. Schrift, und einzelne Theile
[
1615-1616] desselben. In einer andern Bedeutung wird im
Neuen Testamente Christus zuweilen das Wort genannt. Anm. Dieses alte Wort
lautet von den frühesten Zeiten an Wort, bey dem Ulphilas Waurd, im Engl. Word,
im Nieders. Woord. Im Hochdeutschen lautet es geschärft, welche Aussprache um
der beyden Consonanten Willen auch die richtigere ist; dagegen die
Niedersächsischen Hochdeutschen es gern gedehnt sprechen. Der Unterschied des
Plurals erstreckt sich auch auf die Zusammensetzungen: Kunstwörter,
Hauptwörter, Wurzelwörter; aber Scheltworte, Scherzworte, Zauberworte,
Drohworte u. s. f. Nur Sprichwort macht eine Ausnahme, indem es durchgängig
Sprichwörter hat, ob es gleich eine zusammen hangende Vorstellung bezeichnet.
[
1615-1616]