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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

Wir | | Der Wirbelbalken

Der Wirbel

, [1571-1572] des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Wirbelchen. 1. Eigentlich, als eine Onomatopöie, bezeichnet es einen gewissen sehr schnell wiederkehrenden eintönigen zitternden Laut, besonders auf der Trommel. Den Wirbel schlagen. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. (1) Eine kreisförmige Bewegung, weil sie sehr oft mit dem eben gedachten eigenthümlichen Laute verbunden ist; besonders eine kreisförmige Bewegung in Gestalt einer Schneckenlinie, welche sich aus dem Mittelpuncte in lauter Kreisen nach der Peripherie beweget. So beweget sich das Wasser in einem Wirbel, wenn es die eben gedachte Bewegung hat. Figürlich ist der Wirbel in der vertraulichen Sprechart, der Rausch. Einen Wirbel haben, weil sich dabey alles mit dem Zecher umzudrehen scheinet. In manchen Gegenden wird auch der Schwindel der Wirbel genannt. (2) Ein sich im Kreise bewegendes Ding. Der Wirbel des Wassers, der Wasserwirbel, der Strudel. Der Rauch steiget in Wirbeln in die Höhe.
Wie wenn die Erde kreißt, zerbirstet, Dampf Und Flammen in Wirbeln sich gen Himmel drehn, Weiße.
Stellen an menschlichen und thierischen Körpern, wo das Haar in einem Kreise gewachsen ist, z. B. vor der Stirn und Brust eines Pferdes, heißen Wirbel; so auch in der Mitte des menschlichen Haupthaares, daher der Scheitel im Scherze und Verachtung oft der Wirbel genannt wird.
Was hilft es auch, nach Weisheit schnappen, Die oft dem Wirbel wehe thut? Haged.
Ein wenig uneigentlich nennt man auch ein System von Himmelskörpern, wegen ihrer kreisförmigen Bewegung, einen Wirbel. Der Sonnenwirbel, das Sonnen-System. Nach einer zum Theil von einem Wasserwirbel entlehnten Figur, ist der Wirbel von Gescheften, eine geräuschvolle Menge; der Wirbel aufrührischer Leidenschaften, ihre ungestüme Bewegung, welche gleichsam alles, was sich ihrem Kreise nähert, mit sich fortreißt; die Welt ist eine Verführerinn, welche auch das gesetzteste Ge- muth in ihre Wirbel reißt. (3) In vielen einzelnen Fällen ist es ein Werkzeug, oder Theil eines Werkzeuges, welcher sich um seine Achse, oder um einen festen Punct bewegt. So wird die Scheibe oder Rolle, um welche bey Hebezeugen das Seil gehet, in Niedersachsen der Wirbel genannt, in welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen fremd ist. Der Wirbel an einem Fenster, an einem Bierhahne, an der Violine und Clavieren, ist ein solcher Theil, welcher in einer Öffnung eingedrehet wird, dort zu verschließen, und hier die Saiten zu spannen. An den Fenstern wird er auch der Reiber genannt. In andern Fällen sind die Wirbel, Ringe oder ähnliche Theile, welche einen in einer Öffnung beweglichen Zapfen tragen, um einem Theile einer Maschine eine Bewegung nach allen Seiten zu geben, wie an dem Steigbügel, den Reitstangen, Feuerspritzen, u. s. f. Auch der Krummzapfen an einem Rade, welcher sonst auch die Kurbel heißt, wird zuweilen der Wirbel genannt. An den Austern ist der Wirbel der starke sehnichte Muskel, welcher auch unter dem Nahmen des Kammes bekannt ist. Anm. Im Niedersächsischen Warbel, im Schwed. Hwirfwel, im Engl. Whirl. Die Endsylbe el ist die Ableitungssylbe, welche ein Werkzeug, Ding, Subject bezeichnet. Die erste Hälfte stammet von dem im Hochdeutschen veraltete Verbo werben, sich im Kreise drehen, Schwed. hwerfwa, her, wovon sich bey den alten Schriftstellern noch häufige Spuren finden. Ottfried sagt von einem Rade, emmizigen werbit, es drehet sich beständig herum; und von dem Himmel: ther himelsusio warpta, er drehete sich herum. Eben demselben ist Wurbi, die Achse. In den Lat. vertere, vertex, gyrare, und in unserm wirren in verwirren, sind die Wurzellaute genau damit verwandt. S. auch Wirtel. [1571-1572]
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