2. Wiegen
, [
1537-1538] verb. reg. act. sanft hin und
her bewegen. 1. Eigentlich, auf einer runden oder zirkelförmigen Unterfläche
sanft hin und her bewegen. So wiegt man junge Kinder in der Wiege. In den
Schlaf wiegen. Auf ähnliche Art gebraucht man das Wort in der Schifffahrt, so
der Schiffer das Both wiegt, wenn er es an dem Winde führet, und das Ruder
hinten beweget, da es denn eine Bewegung, wie eine Wiege, macht. 2. Mit einer
Art zirkelförmigen Messers schneiden. (
S. Wiegemesser.) So wiegt man in den Küchen den Spinat,
das Fleisch u. s. f. wenn man es mit dem Wiegemesser zerschneidet. Der
Kupferstecher wieget seine Platte, wenn er sie mit der Wiege bearbeitet. 3.
Sanft bewegen, sanft hin und her bewegen. Welch eine bunte Blume wieget sich
dort an der Quelle? Geßn. Ich höre den lispelnden West, der sich auf schlanken
Zweigen wiegt, eben ders.
Lisette wiegte sich in süßer Morgenruh, Zach.
3. In allen Sachen gewiegt, d. i. erfahren seyn, eine
ziemlich dunkle Figur, wenn sie nicht von dem vorigen Verbo wiegen oder wägen
entlehnet ist. Anm. Dieses und das vorige Verbum sind im Grunde ein und eben
dasselbe Wort, welches zu der zahlreichen Familie des Verbi wegen in bewegen
gehöret, indem der Begriff der Bewegung in beyden nur auf nähere Art bestimmt
wird. (
S. auch Wage, Wa-
gen, Gewicht u. s. f.) Daß es in der einen Bedeutung, in
welcher es von einer sanften auf- und absteigenden Bewegung irregulär, in der
andern aber von einer sanften horizontalen Bewegung regulär gehet, ist ein
Beweis, daß jene Bedeutung, so wie jene Form, die ältere, diese aber die neuere
ist. [
1539-1540]