Wachsen
, [
1323-1324] verb. irreg. neutr. Präs. ich
wachse, du wächsest, er wächset; Imperf. ich wuchs, Particip. gewachsen. Es
bekommt das Hülfswort seyn, und bedeutet: 1. durch Ansetzung neuer Theile von
innen größer werden; eigentlich von Thieren und Pflanzen, im weitern Verstande
aber auch von dem Entstehen oder der Erzeugung der Mineralien. Thiere, Pflanzen
wachsen; die Haare, den Bart, die Nägel wachsen lassen. Krumm, gerade wachsen.
Um einen halben Kopf gewachsen seyn. Noch im Wachsen seyn. In die Höhe, in die
Breite, in die Dicke, in die Länge wachsen. Wenn die Art der Ausdehnung nicht
beygefüget wird, so verstehet man wachsen allemahl von der Ausdehnung in die
Länge. Der Baum ist zwanzig Ellen hoch gewachsen. Der Baum wächset in das Holz,
wenn er mehr in die Dicke, als in die Länge wächset. Eine Pflanze wächset in
das Kraut, wenn sie viele Blätter treibet. Wohl gewachsen, vortheilhaft
gewachsen seyn, einen guten Wachs haben. Das wächset mir in die Hand, wenn ich
es selbst erzeuget habe. Dahin auch einige figürliche Arten des Ausdruckes.
Gras wachsen hören, überklug seyn. Das ist auf seinem Miste nicht gewachsen, in
den niedrigen Sprecharten, das hat er nicht erfunden, hat er nicht von sich
selbst. Die Bissen wachsen mir vor Wehmuth in dem Munde, Günth. Einem zu Kopfe
wachsen, eigentlich ihm an Leibeshöhe gleich kommen, am häufigsten figürlich,
ihm an Einsicht, Stärke, Muth u. s. f. gleich kommen. Daher ferner, einem
gewachsen seyn, ihm an Vermögen, Stärke, Muth, Einsicht u. s. f. gleich kommen;
einer Sache gewachsen seyn, die nöthigen Fähigkeiten zu derselben haben, (
S. Gewachsen.) Es ist ihm an das Herz gewachsen, er
liebt es sehr. 2. In weiterer Bedeutung, erzeuget werden, fortkommen, von
Pflanzen und Gewächsen. Am Rhein wächset guter Wein. Das Getreide wächset nicht
überall. Manches Kraut wächset auf Bergen, in Ebenen, in Sümpfen, im Wasser u.
s. f. 3. Figürlich. (1) An Umfang der Theile zunehmen, größer werden. Das
Wasser ist sehr gewachsen, wenn es sich vermehret hat. Der Mond wächset, ist im
Wachsen, wenn er zunimmt, d. i. wenn seine helle Scheibe dem Gesichte nach
größer wird. Das Buch wächst mir unter den Händen. Sein Vermögen wächst mit
jedem Tage. (2) An innerer Stärke zunehmen. Ihm wächst der Muth. Das Verlangen,
die Begierde, die Leidenschaft wächst mit den Jahren. Die Krankheit wächst. Je
mehr wir die Unzulänglichkeit oder das Nichts unserer Kräfte einsehen, desto
mehr wird unsere Demuth wachsen, Gell. (3) In einer Sache zunehmen, von
Personen, da denn die Sache die Präposition an bekommt. An Tugend, an Einsicht,
am Verstande, an Bosheit wachsen. So auch das Wachsen.
S. auch Wachsthum und Wuchs. Anm. Schon bey dem
Ottfried, Willeram u. s. f. uuahsan, bey dem Ulphilas wahsjan, im Angels.
weaxan, im Niederdeutschen wassen, im Schwed. växa, im Isländ. waxa. Das
Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe Image, hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, kommt so wohl in dem Laute, als in
der Bedeutung, damit überein, so wie das Lat. augeri, auxi. Erwäget man, daß
die Endsylbe sen eine intensive oder reduplicative Form andeutet, so wird es
wahrscheinlich, daß die Wurzelsylbe wach, mir weg in bewegen gleichbedeutend
ist, so daß der Begriff der Bewegung zu dem Begriffe des Wachsens Anlaß
gegeben. Im Niederdeutschen hat man für wachsen auch das Verbum groyen, welches
mit dem Engl. to grow, überein kommt. [
1323-1324]