Vorhanden
, [
1269-1270] adj. et adv. 1. In der Nähe,
gegenwärtig, bey der Hand, im Oberdeutschen obhanden; so wohl dem Orte, als der
Zeit nach. Am häufigsten von Sachen. Es ist noch viel Getreide vorhanden, zum
Gebrauche bey der Hand, gegenwärtig. Es ist kein Holz mehr vorhanden. Er siehet
nicht, was vorhanden ist. Der vorhandene Vorrath. Das vorhandene Geld. Er denkt
immer, die Zeit seines Unglücks sey vorhanden, Hiob 15, 12. Die Zeit ist
nunmehr vorhanden, daß u. s. f. sie ist da. Seltener von Personen. Es waren
viel Gäste, viel Leute auf dem Markte vorhanden. 2. In weiterer Bedeutung,
wirklich seyn, sich unter der Reihe der wirklichen Dinge befinden, so wohl von
Personen als von Sachen, daseyn. Es wird gefragt, ob wirklich Einwohner in dem
Monde vorhanden sind? Nimm dem Weib und deine zwo Töchter, die vorhanden sind,
1 Mos. 19, 15; die du hast, die da sind. Joseph und Simeon sind nicht mehr
vorhanden, Kap. 42, 13; sie sind nicht mehr am Leben. Unsere Väter sind nirgend
mehr vorhanden, Klagel. 5, 7. Wo es wenn es so viel als am Leben bedeutet, nur
als ein Adverbium gebraucht wird. 3. Nahe bevor stehend. Es ist gewiß ein
Unglück vorhanden aber unsern Herrn, 1 Sam. 25, 17. Das Wetter, so vorhanden
ist, merket kein Mensch, S. 16, 19. Man gebraucht es nur noch von sehr nahe
bevor stehenden Dingen, deren Daseyn man gleichsam schon empfindet, von
entferntern ist es veraltet, ob es gleich in diesem Verstande noch mehrmahls in
der Deutschen Bibel vorkommt. Nachdem es nun vorhanden ist, Ebr. 4, 6; noch
künftig, bevor stehend. Darum ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes, V.
9. Anm. Dieses Wort ist eigentlich ein Nebenwort, und es scheint erst in den
neuern Zeiten in einigen Bedeutungen als ein Beywort gebraucht zu seyn. Bey
vielen Oberdeutschen Schriftstellern, und selbst in den gemeinen Sprecharten
der Hochdeutschen, lautet es häufig verhanden.
Dasselbe Loch stund noch verhanden, Theuerd. Die Bücher sind
verhanden, Opitz.
Dieß und die ungewöhnliche Stellung des Tones macht es
glaublich, daß vor hier aus ver verderbt ist, obgleich der Bedeutung nach vor
hier sehr wohl Statt finden könnte, vor der Hand, d. i. bey der Hand, in der
Nähe. Es wird nur mit dem Zeitworte seyn gebraucht, daher es ungewöhnlich ist,
wenn es Pred. 9, 10 heißt: alles, was dir vorhanden kommt, das thue frisch, wo
es so viel bedeutet, als vor die Hand. Aber auch mit dem Zeitworte seyn wird es
im Hochdeutschen nur gebraucht, wenn die vorhandene Sache vermittelst eines
Hauptwortes ausgedruckt wird; daher es ungewöhnlich klingt, wenn es Matth. 2,
12 heißt: es ist vorhanden, daß Herodes suche das Kindlein umzubringen. Im
Oberdeutschen ist dafür auch obhanden üblich.
S. Hand. [
1271-1272]