2. Verwandt
, [
1171-1172] -er, -este, adj. et adv.
welche zwey Staffeln doch nur in der zweyten weitern Bedeutung, und auch hier
nur selten gebraucht werden. 1. Durch gemeinschaftliche Abstammung, ingleichen
durch Heirath mit dem andern verbunden, wo es nicht allein von allen solchen
Personen gebraucht wird, welche einen gemeinschaftlichen natürlichen Ursprung
haben, sondern auch von solchen, welche durch Heirath oder Verschwägerung mit
andern verbunden werden. Man gebraucht es nur als einen allgemeinen Ausdruck,
der die Grade der Verbindung unbestimmt läßt, daher es auch von entferntern
Verwandten am üblichsten ist. Eheleute, Geschwister, Ältern und Kinder pflegen
sich nicht leicht Verwandte zu nennen, weil das enge Band, welches sie
verbindet, bestimmtere Ausdrücke hat. (
S. auch Blutsfreund.) Man verbindet es am gewöhnlichsten
mit dem Vorworte mit. Mit jemanden verwandt seyn. Er ist weitläufig, nahe mit
uns verwandt. Vom Vater, von der Mutter her mit jemanden verwandt. Im vierten,
fünften Grade mit jemanden verwandt seyn. In der höhern Schreibart auch mit der
dritten Endung ohne Vorwort. Einem verwandt seyn. Er ist mir nicht verwandt.
Als ein eigentliches Beywort kommt es in dieser Bedeutung seltener vor.
Verwandte Personen, gewöhnlicher, als ein Hauptwort, Verwandte. Doch sagt man
im weitern Verstande verwandte Wörter, welche einen gemeinschaftlichen Ursprung
haben. Am häufigsten wird dieses Wort, wenn es ein Beywort seyn sollte, als ein
Hauptwort gebraucht. Der Verwandte, die Verwandte, ein Verwandter, eine
Verwandte, plur. die Verwandten, nicht Verwandte; wo von einigen im weiblichen
Geschlechte irrig die Verwandtinn, eine Verwandtinn, gesagt wird, welches wider
die Natur der Bey- und Mittelwörter ist. Er ist mein Verwandter. Meine
Verwandten sind mir fremd worden, Hiob. 19, 13. Du bist mein Verwandter, Ps.
55, 14. Alle Verwandten Jesu stunden von fern, Luc. 23, 49. Vergebens wird man
ein guter Verwandter seyn, wenn man in seinen Ansprüchen auf die Rechte des
Bluts nicht billig und bescheiden ist, Gell. Blutsverwandte oder Blutsfreunde,
Personen, welche durch gemeinschaftliche Abstammung nahe mit einander verwandt
sind, wie Ältern und Kinder, Geschwister, Geschwisterkinder u. s. f.
Seitenverwandte, welche durch Heirath ihrer Blutsverwandten mit einander
verbunden sind. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. (1) In verschiedenen
Zusammensetzungen wird dieses Wort von solchen Personen gebraucht, welche
vermittelst einer gemeinschaftlichen Lebensart, Religion u. s. f. mit einander
verbunden sind. Kunstverwandte, welche einerley Kunst üben, Handwerksverwandte,
üblicher Handwerksgenossen, Handelsverwandte, Glaubensverwandte, gewöhnlicher
Glaubensgenossen u. s. f. (2) Figürlich, so wohl im gemeinen Leben, als auch in
der höhern Schreibart, einerley Bestimmung oder Eigenschaft habend. Der Laut
Prellen ist sehr nahe mit dem Laute Prall verwandt, weil sie einander sehr
ähnlich sind. Verwandte Wörter, welche einen ähnlichen Laut, oder auch eine
ähnliche Bedeutung haben. Dein brennendes Auge entzündete in mir die Funken des
Muthes, welche die verwandte Natur in mein junges Herz gelegt hatte, Dusch.
Mit Scham mag sich das Laster decken, Die Liebe war ihm nie
verwandt, Hall.
Anm. Um diesem Worte in der ersten Bedeutung mehr Nachdruck
zu geben, oder vielmehr die Verbindung genauer zu bezeichnen, pflegt man
demselben im gemeinen Leben gern noch ein an vorzusetzen, anverwandt, ein
Anverwandter, (
S. dasselbe.) In unsern alten Denkmählern kommt dieses
Wort nicht vor, indem daselbst die Wörter Chunneling, Kind, Mage, Sibber u. s.
f. von Verwandten gebraucht werden: indessen scheint es doch ein altes Wort zu
seyn, und in diesem Falle ist Wachters Abstammung sehr wahrscheinlich, der es
nicht von wenden, sondern von dem alten Wine, ein Freund, Geliebter, oder
vielmehr von einem veralteten Zeitworte winen, lieben, ableitet, von welchen
Wörtern es eben so gebildet seyn würde, als unser befreunden von Freund. Win,
ein Freund, kommt noch sehr häufig bey dem Willeram vor. Im Angels. ist
Winiscaf, ein Bündniß, Verbindung, und im Alt-Schwed. Vinatta, Freundschaft,
und Vinur, ein Freund. Das Lat. finis in affinis und affinitas, scheinet zu
eben diesem Stamme zu gehören, ob man es gleich gemeiniglich von finis, die
Gränze abzuleiten pflegt. Verwandt mag nun von winen, lieben, oder von wenden
abstammen, so ist es doch eigentlich das Mittelwort eines Zeitwortes, daher das
dt am Ende nicht für überflüßig gehalten werden darf.
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1171-1172]