Verschmähen
, [
1123-1124] verb. reg. act. welches in
doppelter Gestalt vorkommt. 1. * Als ein unpersönliches Zeitwort, wenigstens
nur in der dritten Person. Das verschmähet mich, ist mir empfindlich, ich ziehe
es mir zu Hohne, zur Schmach. Dis lob beginnet vil frowen versman, Heinrich von
Morunge. Ich han so vil daher geklagt, Das es versmat den Kinden, Reinmar der
Alte, der es aber wider die Gewohnheit mit der dritten Endung der Person
gebrauchet. Es ist in dieser Bedeutung im Hochdeutschen veraltet, so wie das
Nieders. versmaden, welches ehedem eben so gebraucht wurde. 2. Als ein
persönliches Zeitwort. (1) Mit Schmach belegen, als ein Intensivum von dem
einfachen schmähen, sehr schmähen, ausschmähen; eine Bedeutung, welche wenig
mehr vorkommt. Verspottet und verschmähet werden. Im Österreichischen ist daher
Verschmach noch Zorn, Beleidigung. (2) Verachten; eine sehr alte Bedeutung, in
welcher fersmahen schon bey dem Notker vorkommt. Du machest sie zu Schanden,
denn Gott verschmähen sie, Ps. 53, 6. Wie hat mein Herz die Strafe verschmähet!
Sprichw. 5, 12. Es tauget gar nichts, daß man einen armen Verständigen
verschmähet, und einen reichen Gottlosen ehret, Sir. 10, 26. Und so in andern
Stellen mehr. Es ist in dieser weitern Bedeutung im Hochdeutschen gleichfalls
veraltet, wo man es nur noch in engerer gebraucht, aus Verachtung nicht
annehmen wollen, aus Geringschätzung ausschlagen. Wil si mih ze fruinde
versmahen, Heinrich von Sax. Ein Geschenk verschmähen.
Was du mit Zittern glaubst, und bald aus Stolz verschmähst,
Und bald, wenn du dich fühlst, vom Himmel trotzig stehst, Less.
So auch die Verschmähung, welches Wort in der ersten
persönlichen Bedeutung auch den Plural leidet. Anm. Im Nieders. versmaden. Es
sind in diesem Zeitworte zwey verschiedene, aber doch verwandte Bedeutungen
zusammen geflossen, die von Schmach und dem einfachen schmähen, und die von dem
alten noch Niederdeutschen sina, klein, geringe, verächtlich, welche letztere
in der letzten Bedeutung herrscht. Im Schwedischen sind daher beyde Bedeutungen
auch in dem Zeitworte verschieden; försmäda, ist daselbst verschmähen, sehr
schmähen, und försmä, verschmähen, verachten. [
1125-1126]