Verschießen
, [
1117-1118] verb. irreg. (
S. Schießen;) welches in doppelter Gattung üblich ist.
I. Als ein Neutrum. 1. Mit dem Hülfsworte seyn. a) * Sich schnell in die Ferne
bewegen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Das Regenwasser verscheußt,
(verschießt,) Jer. 18, 14. b) Durch Schießen, d. i. schnelle Bewegung
verschlimmert werden, nur noch figürlich von den Farben, mit der Zeit bleicher,
schwächer an Stärke und Lebhaftigkeit der Farbe werden; in manchen Fällen im
gemeinen Leben auch abschießen. Eine Farbe verschießt. Die Farbe ist
verschossen. So auch von gefärbten Dingen. Der Zeug verschießt, ist
verschossen.
Wie verschießen die Farben Aller Freuden des Hofs vor diesem
himmlischen Auftritt! Zachar. von dem Morgen.
c) Fehlschießen, d. i. sich in der schnellen Bewegung
verirren. Man gebraucht es hier nur noch in der Bienenzucht, wo der Weiser
verschießt, wenn er in einen unrechten Stock fliegt. 2. Mit dem Hülfsworte
haben, auf welche Art man es im gemeinen Leben einiger Gegenden für fehlen,
sich irren gebraucht, als eine Figur der vorigen Bedeutung, wo aber um der
mehrern eigenen Thätigkeit willen das Hülfswort haben stehet. Nun werde ich in
der Rechnung verschossen haben; wofür andere das folgende Reciprocum sich
verschießen gebrauchen. II. Als ein Activum, welches in manchen Fällen zu einem
Reciproco wird. 1. Durch Schießen mit einem Feuergewehre alle machen, der Menge
nach erschöpfen. Alle Pfeile, alles Pulver, alle Patronen verschießen. Vier
Pfund Pulver, zwanzig Patronen verschießen. Ingleichen als ein Reciprocum, sich
verschießen, alle sein Pulver und Bley, alle Kugeln, alle Pfeile u. s. f.
verschießen. In einem etwas andern Verstande gibt man einer
Schützengesellschaft hundert Thaler zu verschießen, wenn man ihr selbige
schenkt, die Kosten eines Schießens, nebst den dazu gehörigen Prämien zu
bestreiten. 2. Fehlschießen, sich im Schießen, d. i. schnell bewegen, irren
oder verirren; doch nur in einigen Fällen. So verschießen die Buchdrucker die
Columnen, wenn sie selbige falsch oder unrichtig ordnen. Als ein Reciprocum
sagt man in der Jägerey, die Hunde haben sich verschossen, wenn sie sich im
Jagen verlaufen oder verirret haben. (
S. auch das vorige Neutrum.) 3. Versperren, befestigen,
eine auch nur in einigen Fällen übliche Bedeutung; im Nieders. verschotten. Im
Bergbaue verschießt man das Gezimmer, wenn man es hinter den Thürstöcken oder
Gevieren mit Stangen, Pfosten, Bretern u. s. f. verwahret, das Erdreich oder
Gestein aufzuhalten. 4. In der Ferne schießen, oder vielmehr verschießen
machen, von den Farben; nur als ein Kunstwort der Mahler, welche die Farben
verschießen, wenn sie ihre Stärke oder Lebhaftigkeit nach den verschiedenen
Graden der Entfernung schwächen, so daß ein Gegenstand in der Ferne zu stehen
scheint. So werden Figuren, Gegenstände u. s. f. verschossen, durch
verhältnißmäßige Schwächung nicht allein der Farben, sondern auch des Lichts
und des Schattens, Franz. degra- der. Auch die Kupferstecher verschießen durch
feinere und dichtere Einschnitte. So auch das Verschießen, in allen vorigen
Bedeutungen. [
1119-1120]