Überschlagen
, [
769-770] verb. irreg. (
S. Schlagen.) 1. Überschlagen, ich schlage über,
überschlagen, über zu schlagen. 1) Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn. (a)
Sich mit dem obern Theile schnell nach einer Seite neigen. Die Wage schlägt
über, wenn sich die Zunge nach einer Seite neigt. (b) Mit dem obern Theile
plötzlich hinten über fallen. Ein stehendes Stück Bauholz schlägt über, wenn es
mit dem obern Theile fällt. Das Kind schlägt über, wenn es der Amme rücklings
von dem Arme fällt. Das Pferd ist mit dem Reiter übergeschlagen, wenn es sich
bäumt und hinten über fällt. So bald es hier aber ein Reciprocum wird, sich
überschlagen, gehöret es zu dem folgenden Zeitworte. 2) Als ein Activum, doch
so, daß dasjenige, worauf sich das über eigentlich beziehet, verschwiegen
werde. (a) Mit einem Theile des Endes oder Äußersten den andern Theil bedecken.
Das Betttuch überschlagen. Die Ärmel am Kleide überschlagen, auch aufschlagen.
(b) Über etwas schlagen, d. i. legen. Warmen Wein überschlagen, über ein
krankes Glied. 2. Überschlagen, ich überschlage, überschlagen, zu überschlagen.
1) Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn. (a) Mit Schimmel überschlagen,
überzogen werden, wo doch beschlagen üblicher ist. Am häufigsten gebraucht man
es, (b) von kalten Körpern, besonders flüssiger. Art, wenn sie die empfindliche
Kälte verlieren. Das kalte Wasser ein wenig überschlagen lassen, ehe man es
trinkt. Der Wein überschlägt schon, ist schon überschlagen, wenn er die
empfindliche Kälte verlieret. Überschlagenes Bier. In vielen Gegenden ist dafür
auch verschlagen üblich, Nieders. verslaen. 2) Als ein Activum, wo es nach
Maßgebung des einfachen Zeitwortes wieder verschiedene Bedeutungen hat. (a) Zu
sehr, zu viel schlagen. Einen Hund überschlagen, bey den Jägern, ihn durch
allzu viele Schläge scheu und furchtsam machen, wofür auch verschlagen üblich
ist. Ein überschlagener Hund. (b) Sich überschlagen, rücklings über fallen. Das
Pferd hat sich überschlagen, überschlug sich mit dem Reiter. (
S. das vorige Überschlagen.) (c) Im Nachschlagen
übergehen. Eine Stelle in einem Buche überschlagen, so wohl sie im Nachschlagen
oder Aufsuchen wider Willen übersehen, als auch sie mit Fleiß vorbey lassen.
Ein Paar Blatter überschlagen. Das wollen wir überschlagen, nicht mit lesen.
Überblättern kommt in ähnlichem Verstande vor. (d) Die Größe, Schwere, Anzahl
u. s. f. ungefähr bestimmen. Ein Feld mit der Meßkette überschlagen, es nur
ungefähr ausmessen. Etwas auf der Wagschale überschlagen, es ungefähr wägen.
Ferner ungefähr berechnen. Die Kosten zu einer Unternehmung überschlagen. Wer
ist unter euch, der einen Thurm bauen will, und sitzt nicht zuvor, und
überschlägt die Kost, (die Kosten) ob ers habe hinaus zu führen? Luc. 14, 28.
Den Gewinn überschlagen. (
S. Überschlag.) In noch weiterer Bedeutung für erwägen,
überlegen, bedenken, ist es im Hochdeutschen veraltet.
Da liegt die arme Seel in Pein und überschlägt Ganz traurig,
daß sie schon ihr Urtheil mit sich trägt, Opitz.
Das Hauptwort, die Überschlagung, ist nur in einigen Fällen
des Activi üblich, besonders, wenn der Ton auf dem Zeitworte liegt; in andern
gebraucht man das Überschlagen, und in einem der Überschlag.
[
771-772]