Süß
, [
505-506] -er, -este, adj. et adv. den
höchsten Grad der angenehmen Empfindung auf die Nerven des Geschmackes machend,
da es denn von derjenigen Empfindung durch den Geschmack gebraucht wird, welche
eigentlich dem sauer, oft aber auch dem salzig und bitter entgegen gesetzt ist.
1. Eigentlich, da es so wohl von der Empfindung, als auch von den Körpern,
welche diese Empfindung verursachen, gebraucht wird. Süß schmecken. Ein süßer
Geschmack. So süß wie Honig, Zucker u. s. f. Süßer Wein. Süße Kirschen. Da es
denn in weiterm Verstande nur oft nicht sauer, nicht gesäuert, ingleichen nicht
salzig oder nicht gesalzen bedeutet. Süßes Brot, ungesäuertes. Süße Milch, im
Gegensatze der sauern. Süßes Wasser, im Gegensatze der Salzsohle so wohl als
des gleichfalls salzigen Seewassers. Süße Butter, ungesalzene. 2. In weiterer
Bedeutung, einen hohen Grad der angenehmen Empfindung durch andere Sinne
verursachend. (1) In Ansehung des Gehöres, dem Gehöre im hohen Grade angenehm.
Eine süße Stimme, süße Töne, süße Lieder, in der Deutschen Bibel; in welchem
Verstande es doch in der dichterischen Schreibart am häufigsten vorkommt. Die
Sprache der Liebe ist im Neste der Nachtigallen süßer Gesang, und im Winkel der
Katze Zetergeschrey, Herd. Das süße Gezwitscher der Schwalben. Kein Mißton
stört die süße Harmonie, Geßn. Die Liebe ist schlauer als die Freundschaft, ihr
süßes Pfeifchen schläfert wohl einen Argus ein, Weiße. Die süße Stimme der
Freude, eben ders. wo es aber auch oft angenehm überhaupt bedeuten kann. (2)
Von dem Geruche, diesem Sinne im hohen Grade angenehm. Suazo sie thir stinkend,
Ottfr. sie riechen dir angenehm. Ein süßer Geruch, in der Deutschen Bibel.
Indessen kommt es in dieser Bedeutung, die dichterische Schreibart etwa
ausgenommen, jetzt am wenigsten vor. 3. Figürlich, der innern Empfindung im
hohen Grade angenehm. Ein süßer Schlaf. Süß schlafen. Sanft umfängt die Nacht
ihn mit süßem Schlummer, Geßn. Mein Herz schmilzt in süßer Wehmuth, Ich schäme
mich der süßen Schwachheit nicht, Gell. Ach, wie süß ists mir, an dieser Quelle
zu ruhen! Geßn. Mit dir ist jedes Glück mir süßer, eben ders. Sein süßester
Zeitvertreib, eben ders. Die süßeste Liebe der Natur, Gell. Es ist ein süßer
Gedanke für Tugendhafte, wenn sie sich schmeicheln können, daß ihr Tod beweint
wird, Dusch. Du süßer Wohnplatz stiller Freuden, Weiße. Ich habe dir meine
süßesten Wünsche anvertrauet, eben ders.
Und denkt mit süßer Lust an seinen ersten Reigen, Zachar.
Jemanden etwas süßes, tausend süße Sachen vorsagen, etwas
schmeichelhaftes. Ein süßer Herr, welcher ein Geschäft daraus macht, dem andern
Geschlechte etwas süßes vorzusagen, demselben schmeicheln, oder zu gefallen; im
Franz. Petit maitre. Ein süßer Herr kriegt nie Verstand, Gell. Anm. Im Isidor
suuozss, bey dem Kero, Ottfried u. s. f. suazza, im Nieders. süt, im Schwed.
söt, im Isländ. saet, im Angels. swete, swaes, im Engl. sweet, womit auch das
Latein. suauis und Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe
Image verwandt sind. Die erste eigentliche Bedeutung dieses so alten
Wortes ist unbekannt; vielleicht bezeichnete es anfänglich etwas, das dem
Gehöre angenehm war, durch Nachahmung eines angenehmen Lautes, wie etwa sausen,
säuseln, dergleichen etwas auch im Hebr. hier nichtlateinischer Text,
siehe Image, sich freuen, hervor zu stechen scheinet. Daß auch süß und
sanft nicht so weit entfernt sind, als es anfänglich scheinen möchte, erhellet
aus dem Schwed. systa, süß machen. Das n ist oft ein müßiger Begleiter der
Hauch- und Blaselaute, st aber und ß sind Endlaute.
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507-508]