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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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2. Die Stütze | | Stützen

Stutzen

, [489-490] verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1. Heftig stoßen, und zwar so, daß von dem gestoßenen Körper ein Wiederstoß erfolge; wo es der Form nach ein Intensivum von stoßen, Nieders. stöten, dem Wesen nach aber eine genaue Nachahmung des mit dieser Art des Stoßens verbundenen Lautes ist. (1) Eigentlich, wo es doch im Hochdeutschen wenig gebraucht wird; Ital. cozzare. In verschiedenen Provinzen aber gebraucht man es von Ochsen, Ziegen, Böcken, wenn sie stoßen, wo es auch die thätige Form leidet. Matthesius erkläret stutzen, durch Stirnstoßen wie ein Bock. Schon bey dem Ulphilas ist stautan, stoßen. Im Hochdeutschen sagt man noch zuweilen, mit den Weingläsern stutzen, sie an einander stoßen. In einigen gemeinen Mundarten sind für dieses stutzen auch hutzen und butzen üblich, welche ähnliche Onomatopöien sind. ( S. auch Aufstützig,) welches auch noch etwas von dieser Bedeutung enthält. (2) Figürlich, wo es in einigen Gegenden, z. B. in Hamburg, für rauschen gebraucht wird. Mit einem gegen Getreide stutzen. Eine Waare verstutzen, vertauschen. Stoßen wird oft in eben derselben Bedeutung gebraucht; Waaren umstoßen, verstoßen, d. i. umsetzen. 2. Bey Empfindung eines unerwarteten unbekannten Dinges plötzlich stille stehen, wo es einen geringern Grad der Empfindung ausdruckt, als bestürzt werden und sich entsetzen. Im Schwed. gleichfalls stutsa, dagegen schon Kero stozzon für fürchten gebraucht. Ein Pferd stutzt, wenn es unvermuthet etwas Fremdes erblickt, und unschlüssig ist, ob es fortgehen soll oder nicht. So auch von Menschen, seine Befremdung über etwas Unerwartetes durch ein plötzliches Stille stehen, oder Innehalten in der Bewegung, in der Rede, im Denken, an den Tag legen: Stutzig werden. Über etwas stutzen, es sey nun ein Übel oder etwas Angenehmes, wenn es nur unerwartet ist. Bey diesen Worten stutzte er. Es ist hier ein Intensivum von stehen, welches in Statt, statten, u. s. f. schon ein t hat, wo das Plötzliche durch das tz ausgedruckt wird; man müßte denn diese Bedeutung lieber als eine Figur der vorigen Bedeutung ansehen wollen, indem das Stutzen auch als eine Art eines plötzlichen Zurückstoßens oder auch Zurückweichens angesehen werden kann. Auf ähnliche Art ist auch im Schwed. hirta, stutzen, welches zu unserm hirten, hürten, stoßen, gehöret. 3. Prangen, Staat machen, im äußern Gepränge andere zu übertreffen suchen, im Schwed. gleichfalls stutsa. Mit prächtigen Kleidern stutzen. Jetzt kann er stutzen. Das stutzt! das pranget, das fällt in die Augen.
Das Mensch gefällt auch ungeputzt, Trotz mancher, die in Flittern stutzt, Haged.
( S. Stutzer.) Es gehöret hier zu Staat, ist aber allem Anscheine nach gleichfalls ein Intensivum von stehen, und scheinet eigentlich, sich über andere zu erheben, größer seyn wollen, als andere, zu bedeuten; stolzieren, von stolz, erhaben. In Stutz und Aufstutzen, ist diese Bedeutung der Erhebung, des Emporstehens, noch in mehr eigentlichem Verstande üblich. Auf ähnliche Art sind butzen, stoßen, der Butzen, etwas Hervorragendes, und putzen, zieren, verwandt. Im alt Französ. Estauceure, jeder Putz oder Staat in Kleidern, und estaucier, putzen. Carpentier leitet es von Estauramentum ab; allein es scheinet vielmehr zu diesem stutzen zu gehören. ( S. auch Stütze.) Im Holländ. ist das mehr einfache stuyten, prangen, prahlen. II. Als ein Activum. 1. Empor stehen machen, oder vielleicht auch, als das Activum der vorigen Bedeutung, prangen machen, doch nur in dem zusammen gesetzten Aufstutzen. ( S. dasselbe, ingleichen Stützen.) 2. Im entgegen gesetzten Verstande ist stutzen kürzer machen, und dadurch ein kürzeres Ansehen geben, als eine Sache gewöhnlich hat. Einem Pferde den Schwanz, einem Hunde die Ohren stutzen. Die Haare stutzen, sie der Länge nach beschneiden. Einen Baum stutzen, den Wipfel abschneiden oder abhauen. Den Hühnern die Flügel, den Schwanz stutzen, ( S. Stutz, Stutzer und viele der folgenden Zusammensetzungen.) So auch das Stutzen. Anm. Das tz in der Mitte des Wortes deutet auf ein Intensivum, dessen Stammwort bald stoßen, Nieders. stöten, bald staden, statten, von stehen, bald auch ein veraltetes stuten, kürzer machen, ist, welche, so verschieden sie auch ihren Bedeutungen nach sind, sich doch auf ähnliche Onomatopöien gründen. Für stutzen, kürzer machen, gebrauchen die Niedersachsen stuven, welches zu stumpf gehöret. [491-492]
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