Die Spitze
, [
215-216] plur. die -n, Diminut. das
Spitzchen, Oberd. Spitzlein, derjenige Theil eines Körpers, wo derselbe am Ende
in einem Punct zusammen läuft, und in weiterer Bedeutung, wo er sich am Ende
einem Puncte nähert. 1. Im weitesten Verstande. Die Spitze einer Nabel, eines
Messers, eines Degens, eines Thurmes, eines Baumes, eines Berges, der Nase u.
s. f. Die Spitze der Finger, sonst auch, die Fingerkuppen. Eine Messerspitze
voll. Etwas auf die Spitze stellen, auch figürlich, eine Sache in den höchsten
Grad der Gefahr oder des mißlichen Erfolges setzen, weil ein Körper, der auf
der Spitze stehet, keinen Augenblick vor dem Fallen sicher ist. Im Forstwesen
werden die Zopfenden der Bäume Spitzen genannt. Von den ehemahligen spitzigen
Schlachtordnungen, welche einem zugespitzten Keile glichen, sagt man noch, an
der Spitze des Heeres, d. i. vorn, vor dem ersten Gliede; sich vor die Spitze
stellen, voran, auch figürlich, sich vor andern der größten Gefahr aussetzen.
In andern Fällen verstehet man darunter die Spitze des Degens. Jemanden vor die
Spitze fordern, zum Duell. Jemanden die Spitze biethen, figürlich, sich ihm
thätig widersetzen, es mit ihm aufnehmen. Da die Spitze oft der oberste und
äußerste Theil eines Dinges bedeutet, so wird dieses Wort auch zuweilen für die
höchste Stufe, den höchsten Grad gebraucht. Durch dieses Mittel schwang er sich
aus dem niedrigsten Elende auf die Spitze der menschlichen Größe; wofür doch
Gipfel üblicher ist. 2. In engerer Bedeutung sind die Spitzen ein geklöppeltes
Gewirk, welches an dem Einen Rande mit zarten Spitzen oder Zacken versehen ist,
von welchen es auch den Nahmen hat, und daher so wohl im Nieders. Kanten, als
auch im Franz. Dentelles heißt. Man gebraucht es hier so wohl im Plural
collective und absolute; Brabantische Spitzen, mit Spitzen handeln, ein Kleid
mit Spitzen besetzen; als auch, obgleich seltener, im Singular, eine feine
schöne Spitze. Mit Spitzen handeln, figürlich, im gemeinen Leben, versteckte
beißende Vorwürfe machen, oder solche Verweise austheilen, satyrisiren. Anm.
Schon bey dem Willeram Spitzo, im Nieders. Spets, im Schwed. Spets, im Böhm.
Sspice. Es ist ein altes sehr weit ausgebreitetes Wort, zu dessen Geschlechte
mit andern Endlauten auch Speiche, Spica, Spiculum, Spieß, Speer, Spille,
Spintel u. s. f. gehören. Das g ist ein Zeichen eines Intensivi. In vielen
Oberdeutschen Gegenden ist es männlichen Geschlechts, der Spitz. In einigen
Fällen, besonders in einigen Zusammensetzungen, bedeutet es auch so viel wie
sein, listig, künstlich, z. B. Spitzbube, spitzfündig, in andern aber beißend,
einen versteckten Vorwurf enthaltend, wie Spitznahme, spitzige Worte u. s. f.
Spitzwort war ehedem für Argutiae sehr gangbar. Ehedem sagte man auch, auf
jemanden spitzeln, für sticheln. Allein das Nieders. Spiet, Hohn, Verachtung,
gehöret nicht hierher, sondern zu dem gleichfalls Nieders. späh, spey,
höhnisch, verächtlich; unser Spott ist davon das Intensivum.