Schon
, [
1619-1620] eine Partikel, welche in einer
gedoppelten Gestalt üblich ist. I. Als ein Umstandswort, und zwar im ersten und
nächsten Verstande, als ein Umstandswort der Zeit, denjenigen Umstand der Zeit
zu bezeichnen, da eine Sache geschehen ist, oder wirklich geschiehet. 1.
Eigentlich, so wohl von geschehenen Dingen, als von solchen, welche jetzt
wirklich geschehen, wofür im Hochdeutschen auch bereits, im Niederdeutschen al
und im Oberdeutschen alschon üblich ist. Wir haben schon gegossen. Er ist schon
da. Er kommt schon. Es ist schon die Art den Bäumen an die Wurzel gelegt,
Matth. 3, 10. Ich weiß schon, was ich thun will. Schon damahls, jetzt schon,
schon vorlängst. Sie wird ganz gewiß schon auf uns warten, Gell. Ich höre es
schon, sie sind ein Freygeist. Die Abenddämmerung trat schon ein. Achtzig Jahre
waren schon über sein Haupt hingeflogen, Geßn. Ich bin schon so oft da gewesen.
Die frühe Morgensonne flimmerte schon hinter dem Berge herauf, als Mykon ans
Gitterfenster seiner Hütte trat, Geßn. So auch die Fragen. Bist du schon wieder
da? Sind sie schon gekommen? Hast du es schon gehöret? Wo es auch für sich
allein eine Frage machen, oder vielmehr eine fragende Bewunderung ausdrucken
kann, daß eine Sache schon geschehen ist. Er ist schon da, - Schon? Der Regel
nach stehet es, so wie die meisten übrigen Nebenwörter, hinter dem Zeitworte,
wenigstens hinter dem Hülfsworte; allein um des Nachdrucks willen wird es auch
oft zu Anfange des Satzes gesetzt. Schon in der Kindheit waren wir für einander
bestimmt. Schon glänzte die Sonne durch das Reblaub, das am Fenster sich
wölbte, Geßn:
O ja, du singst, schon hör' ich dich Vom nächsten Baum, Weiße.
Welche Inversion oft die beste Wirkung thut, so sehr auch
Gottsched dawider eiferte, und sie für eine Nachäffung der Franzosen ausgab. 2.
In weiterm Verstande, wo sich neben dem Begriffe der geschehenen Sache allerley
Nebenbegriffe mit einschleichen, welche den ersten oft ganz verdrängen. 1) Oft
begleitet es wünschende Ausdrücke, den Wunsch, daß eine Sache geschehen seyn,
oder wirklich werden möchte zu begleiten. Wär' er doch schon da! Wenn nur meine
Braut schon das wäre, was sie nach ihrem Urtheile werden wird! Gell. Wär doch
schon mein Lieschen mein! Weiße. 2) Für ohne dieß, ohnehin, besonders in der
vertraulichen Sprechart. Des Volks ist schon so viel, 2 Mos. 5, 5. Dein Herz,
das schon so viel gequält wird. 3) Mit dem Nebenbegriffe der gehörigen Zeit.
Ich will schon kommen, eigentlich zur rechten Zeit. Ich will dich schon rufen.
4) Oft zeiget es eine Versicherung in Rücksicht auf einen vorher gegangenen
Ausspruch an. Wenn sie nur nach ihm gerathen, so bin ich schon zufrieden. Nur
ein solches Herz wieder zu finden, ist schon eine Freude. Bloß in so fern als
die Natur dieses Herz gebauet hat, ists schon für die Rachgier zu hoch. Da es
denn, 5) oft zu einem Ausdrucke einer Art von Versicherung wird. Es wird schon
reichen. Wir wollen heute schon noch eins werden, Gell. Ich will es ein ander
Mahl schon wieder einbringen, ebend. Ich weiß schon, wie junge Leute sind,
ebend. Das ginge schon noch an. Sie wird mit den Jahren schon anders werden.
Die Zeit wird mich schon rechtfertigen. Sie können einander schon heirathen.
Ich muß nun schon Wort halten. Ich will meine Dinge schon machen, Weiße.
Besonders in der vertraulichen Sprechart. Das muß ich schon thun. Das Mädchen
ist schon gut. Das war ihm schon recht. Das ginge schon noch an. Schon gut! II.
Als ein Bindewort. 1) * Als ein concedirendes für zwar, welcher Gebrauch im
Hochdeutschen fremd, und besonders den Niedersachsen geläufig ist. Es ist schon
wahr, - aber. 2) Als ein bedingendes, welches einen Gegensatz begleitet, wo es
im gemeinen Leben, besonders Niederdeutschlandes, sehr üblich ist, für auch,
gleich; Nieders. schoon, schoonst, schöner, schöners, Schwed. skönt. Besonders
mit den Nebenwörtern wenn und ob. Wenn sich schon ein Heer wider mich leget, so
u. s. f. Ps. 27, 3, d. i. wenn auch, wenn gleich. Und ob ihr schon viel bethet,
höre ich euch doch nicht, Es. 1, 15. Daß sie es nicht sehen, ob sie es schon
sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören, Luc. 8, 10. Er denkt es, ob
er es schon nicht sagt. Ingleichen mit Auslassung des wenn und ob, wie gleich.
Muß ich schon kümmerlich leben, so u. s. f. 3) * Für dennoch, gleichwohl; eine
im Hochdeutschen unbekannte Bedeutung, in welcher aber die Niedersachsen ihr
schöners häufig gebrauchen. Anm. Das Umstandswort lautet im Isidor iu, im Kero
und Tatian giu, woraus mit dem Zischlaute und dem Endlaute n in den spätern
Zeiten schon geworden zu seyn scheinet; im Niedersächs. schoon, schoonst, bey
dem Ulphilas suns, im Angels. sona, bey den Krainerischen Wenden she. Frisch
leitet es von schön ab, wobey er der Bedeutung des Wortes freylich viel Gewalt
anthun muß. Die erste, aber jetzt veraltete, Bedeutung scheinet bald, jähe, zu
seyn, welche Bedeutung des Engl. soon, bald, und sooner, eher, noch hat.
Alsdann würde es mit schehen in geschehen Eines Stammes, und eigentlich eine
Onomatopöie der Geschwindigkeit seyn. Aus der alten Oberdeutschen Form iu und
giu erhellet zugleich die Verwandtschaft mit unserm jähe, dem Ital. gia, dem
Franz. deja, und vielleicht auch mit dem Latein. jam.
[
1621-1622]