Schimpfen
, [
1471-1472] verb. reg. act. aus dessen
intensiven pf bereits erhellet, daß es ein Intensivum von einem veralteten
schimen ist, von welchem unter andern Formen auch schimmern, schämen, schäumen
u. s. f. abstammen. Da dieses seinem Ursprunge nach sehr vieler Bedeutungen
fähig ist, so finden selbige auch bey diesem abgeleitete Worte Statt, welches
ursprünglich die Nachahmung eines Lautes ist, und hernach von allen denjenigen
Veränderungen gebraucht wurde, welche mit diesem Laute verbunden waren, oder
unter demselben gedacht wurden. 1. * Scherzen; ohne Zweifel eigentlich,
scherzhafte Bewegungen machen, welche die erste Bedeutung aller ähnlichen
Wörter ist. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet, ob sie gleich in den
ältern Mundarten sehr gangbar war, und es zum Theil noch ist. Niedersächs.
schimpen, Schwed. skymfa. Und sah ihn schimpfen mit Rebecca seiner Hausfrau, 1
Mos. 26, 8, in einer alten 1466 zu Straßburg gedruckten Deutschen Bibel. Grob
schimpfen, höflich schimpfen, noch in einigen Gegenden. Zu der Bedeutung der
Bewegung überhaupt gehöret noch das Isländ. skima, hin und wieder laufen,
Nieders. schummeln. (Siehe Schämen Anm.) 2. * Verspotten, verhöhnen, als eine
Onomatopöie des Tones, des Lautes, der Stimme; vielleicht aber auch als eine
Figur der Verletzung der Ehre. Schwed. skämma. Es ist auch in dieser Bedeutung
veraltet, aber bey den Schwäbischen Dichtern kommt Schimpfer noch mehrmahls für
Spötter, so wie in Tatian schimphan für verspotten, vor. 3. Mit ehrenrührigen
Worten beleidigen; eine Fortsetzung der vorigen Bedeutung, in welcher es auch
im Hochdeutschen noch gangbar ist. Jemanden schimpfen. Er hat mich geschimpft,
meine Ehre mit Worten beleidiget. Das ist nicht geschimpft. Auf jemanden
schimpfen. In den niedrigen Sprecharten lautet dieses Wort mit der fremden
Endung -ieren auch schimpfieren, Nieders. schimpieren, Schwed. skymfera, welche
Form sehr alt ist, indem enschumpfieren für beschimpfen schon bey den Hornegk
vorkommt. man könnte auch diese Bedeutung als eine engere Einschränkung der
folgenden der Verunehrung ansehen; allein es wird aus verschiedenen Umständen
wahrscheinlicher, daß es davon getrennet werden muß. Es scheinet überhaupt,
seinen Zorn durch heftige Worte auslassen, bedeutet zu haben, und so gebraucht
der große Haufe es noch jetzt, dem schimpfen, schänden und schelten oft
gleichbedeutend sind; das Hebr. -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , zürnen, kommt demselben nahe. Vermuthlich rühret die
eingeschränkte Hochdeutsche Bedeutung daher, weil der große Haufe nicht anders
als schimpfend schelten kann. 4. Verstümmeln, und durch Verstümmelung
verunstalten. 1) * Eigentlich; welche Bedeutung im Hochdeutschen aber auch
veraltet ist, außer daß verschimpfen noch im gemeinen Leben, für auf solche Art
verunstalten, üblich ist. Das verschimpft das Gesicht, verstellet dasselbe.
Noch bey dem Kero ist skemman stutzen, verkürzen, und Skemmi die Kürze. Auch im
Schwed. ist skamma abkürzen, stutzen, und figürlich, so verkürzen, daß ein Ding
dadurch seine gehörige Gestalt verliere, Ital. und im mittlern Lat. scemare, wo
Scematio auch Verstümmelung ist. Von dieser Form ist schimpfen das Intensivum.
(
S. Schämen Anm.) 2) * Figürlich, jemandes Ehre
verletzen, Unehre zufügen; schon im Tatian scimfan. Es ist auch hier im
Hochdeutschen veraltet, indem dafür beschimpfen eingeführet ist, man müßte denn
die vorige dritte Bedeutung als eine Einschränkung davon ansehen wollen.
Schande, schänden, Laster u. a. m. gründen sich in ihren gangbarsten
Bedeutungen auf eben dieselben Begriffe der Verstümmelung und Verunstaltung,
und Hornegk gebraucht noch das jetzt veraltete stumpfieren, d. i. stümmeln,
verstümmeln, als gleichbedeutend mit beschimpfen. Wäre diese Figur nicht
überwiegend wahrscheinlich, so könnte man schimpfen in dieser Bedeutung sehr
bequem als ein intensives Factitivum von schämen ansehen, und da würde es
schämen machen bedeuten. So auch das Schimpfen, weil Schimpfung nur in den
zusammen gesetzten Beschimpfung üblich ist. [
1471-1472]