Schieben
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1439-1440] verb. irreg. ich schiebe, du
schiebst, (Oberd. scheubst,) er schiebt, (Oberd. scheubt;) Imperf. ich schob;
Mittelw. geschoben; Imperat. schieb (Oberd. scheub). Es ist in doppelter
Gestalt üblich. I. Als ein Activum, auf einer horizontalen oder fast
horizontalen Fläche einen andern Körper nach und nach so vor sich her
fortdrücken, daß man allemahl dessen Stellen einnehme; wodurch sich das
Schieben von dem Ziehen, Drücken, Heben, Stoßen u. s. f. unterscheidet. Einen
Kasten fortschieben. Den Tisch an die Wand schieben. Den Wagen in den Schuppen
schieben. Schieben helfen. Den Riegel vorschieben. Etwas uneigentlicher schiebt
der Ochs in der Landwirthschaft, wenn er den Wagen oder Pflug vermittelst der
Stirn ziehet. (
S. Schiebochs.) Brot in den Ofen schieben, wie die
Bäcker thun. Etwas auf die lange Bank schieben, figürlich eine Sache auf eine
unbe- stimmte künftige Zeit aussetzen. Im Oberdeutschen schiebt man auch den
Bissen in den Mund, man schiebt etwas in die Tasche, wo man im Hochdeutschen
das Zeitwort stecken gebraucht. Sich schieben, das Reciprocum, aus seiner
horizontaler Lage seitwärts verrücket werden. Das Papier hat sich geschoben. In
der R. A. Regel schieben wird es für rollen oder schießen gebraucht, indem es
sich hier eigentlich auf die Kugel beziehet. Es ist hier ohne Zweifel ein
Überrest einer Oberdeutschen Bedeutung; wenigstens sagt man daselbst noch im
Diminutivo schiebeln von Rollen kleiner Körper. Figürliche Arten des Ausdrucks
sind: einem etwas in das Gewissen schieben, es ihm vor Gott und Menschen zu
verantworten überlassen, es seinem Gewissen heim stellen. Die Schuld auf
jemanden schieben. Einen Antrag von sich schieben, ablehnen. Ehedem wurde es
auch für befördern gebraucht, wovon unser Vorschub noch ein Überbleibsel ist.
In einigen Oberdeutschen Gegenden wird es auch noch für schicken, senden,
gebraucht. Jemanden zu etwas schieben und ordnen, senden und abordnen, Tschudi
bey dem Frisch. Daher ist noch zu Wien der Schub der Transport des liederlichen
Gesindels auf der Donau nach Ungarn. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
haben; doch nur in einigen Fällen des gemeinen Lebens. 1) In der
Landwirthschaft schiebt ein Thier oder es schiebt Zähne, wenn es die
Jugendzähne verlieret, weil die neuen Zähne die alten gleichsam vor sich her
schieben. 2) Auch das Wachsen der Gewächse wird zuweilen schieben genannt. Die
Pflanzen haben gut geschoben, sind merklich in die Höhe gewachsen. 3) Im Gehen
schieben, mit voraus gestrecktem Kopfe träge und schwerfällig gehen, als wenn
man etwas schöbe. So auch das Schieben. Anm. Bey dem Ottfried im Imperf. scoub,
im Schwabenspiegel schiuban, im Nieders. schuven, im Angels. scufan, im
Englischen to shove, im Schwedischen skufva. Es ist, wie alle Zeitwörter, eine
Onomatopöie, welche den mit dem Schieben verbundenen Laut nachahmet; und da
dieser Laut mehrern sonst verschiedenen Handlungen gemein ist, so wird sich
auch nicht leicht eine Beschreibung dieses Wortes geben lassen, welche genau
auf alle Fälle paßte. Die obige ist auf die meisten gerichtet, denn es gibt
freylich auch Fälle, wo man ein Ding senkrecht in die Höhe und niederwärts
schiebet, wie z. B. einen Schieber, obgleich für diese Richtungen drücken,
heben u. s. f. in andern Fällen üblicher sind. Das Hebr. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , sich umwenden, scheint damit
verwandt zu sein. Das Intensivum von unserm schieben ist schuppen, mit einem
Stoße schieben, Franz. chopper. Die im Hochdeutschen irreguläre Form des
Präsens kommt unter andern auch bey dem Opitz vor:
Scheub nur auf Gott dein Thun und alle Sachen.
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1441-1442]