Rollen
, [
1149-1150] verb. reg. neutr. et act.
welches eine unmittelbare Nachahmung des hohlen, dumpfigen Schalles ist, den es
bezeichnet. Es ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, diesen Schall von sich geben oder verursachen. 1. Von großen
Schellen oder Glocken sagt man in einigen Gegenden, sie rollen; in welcher
Bedeutung es doch im Hochdeutschen unbekannt ist.
S. Rolle 5. 2. Am üblichsten und bestimmtesten ist es
von demjenigen hohlen, dumpfigen Schelle, welchen ein runder Körper hervor
bringt, wenn er sich in Bewegung um seine Achse zugleich schnell auf einer
Fläche fortbewegt, besonders wenn diese Fläche hohl ist. 1) Eigentlich. Der
Wagen rollt auf dem Pflaster, wenn er auf demselben schnell fährt, welches man
in manchen Fällen auch rasseln nennt. Die Wagen rollen auf den Gassen und
rasseln auf den Straßen, Nehem. 2, 5. Da wird man hören die Räder rasseln und
die Wagen rollen, Kap. 3, 2. Dann rollt die rasselnde Kutsche glänzender
Fremden in den Hof, Zachar. Da wo sein goldner Wagen durch gedrängte Reihen
entzückter Augen rollt, Raml. Ein runder Körper rollt, wenn er sich in die
Bewegung um seine Achse zugleich fortbewegt; Nieders. kullern, kurreln. Die
Kugel rollt den Berg hinunter. Einen Stein den Berg hinunter rollen lassen.
Ingleichen von dem hohlen, dumpfigen Getöse des Donners, welches dem Rollen
einer Kugel auf einer hohlen Fläche gleicht; besonders in der dichterischen
Schreibart. Ferne Donner rollen von weiten. Schon höre ich den Donner rollen.
2) In weiterer und figürlicher Bedeutung, wo der Begriff des mit dieser
kreisförmigen Bewegung verbundenen Schalles mehr oder weniger verschwindet, und
nur den Begriff dieser Bewegung übrig läßt. So gebraucht man dieses Wort (a)
von kleinen, rundlichen, festen Körpern, wenn sie auf einer schiefen Fläche
herunter fallen, wo die Onomatopöie doch nicht ganz verschwindet. Der Kalk, der
Sand rollet von der Wand; besonders wenn es in Menge geschiehet, indem sonst
die Wörter röhren und rieseln üblicher sind. Die Erde von dem Berge hinab
rollen lassen. Das auf die Kornfege geworfene Getreide rollet daran herab;
daher denn auch eine Kornfege selbst eine Rolle genannt wird. Kein Goldsand
rollt hinein, in den Fluß, Raml. (b) Von flüssigen Körpern, wenn sie sich in
rundlicher, wellenförmiger Gestalt fortbewegen, ohne Rücksicht auf die Menge,
ob es gleich eine größere Menge und eine stärkere Bewegung voraussetzt, als
rinnen. Eine glänzende Thräne rollt über die Wangen hinab. Zuweilen auch von
einem Flusse, in der dichterischen Schreibart. Da wo die stolze Donau an Wiens
Mauern, vorüber rollt. (c) In der dichterischen Schreibart von jedem runden
Körper, wenn er sich schnell fortbewegt, so fern damit die Bewegung um seine
Achse verbunden ist; eine Figur der ersten eigentlichsten Bedeutung. Die Augen
rollen ihm im Kopfe umher.
Mein Auge rollt verwirrt und sieht ihn schüchtern an. Schleg.
(d) Endlich bedeutet es im gemeinen Leben einiger Gegenden,
besonders Oberdeutschlandes, auch, sich in gerader Richtung schnell
fortbewegen; laufen. Auf den Gassen herum rollen. Einem nachrollen, nachlaufen.
In das Haus hinein rollen. Unser trollen ist daher entstanden, (
S. dasselbe.) Nach einer noch weitern Figur ist rollen
bey den Jägern von den vierfüßigen Raubthieren üblich, so wohl wenn sie sich
begatten, als auch wenn sie nach der Begattung verlangen, welches in andern
Fällen laufen, brunsten, ranzen, reppen u. s. f. heißt; lauter von der
schnellen Bewegung oder dem Geschreye hergenommene Figuren. II. Als ein
Activum. 1) Um seinen Mittelpunct drehend fortbewegen, rollen machen; Nieders.
kullern, kurreln, und von kleinern Körpern, trundeln, von rund. Steine, Erde
von dem Berge hinab rollen. Ein Faß auf- und abrollen. Ingleichen figürlich, in
der dichterischen Schreibart.
Dunkel glänzend rollt der Strom die ruhigen Wogen Durch das
rauchende Land, Zachar. für wälzen.
Die Augen im Kopfe herum rollen, wälzen. Den Teig zwischen
den Händen rollen, um seine Achse bewegen; im gemeinen Leben wälgern. Auf
ähnliche Art wird in den Pfeifen, Manufacturen der Thon mit dem Rollbrete
gerollt. 2) Durch solches Rollen oder Wälzen zubereiten. So wird die Wäsche
gerollt, wenn sie um eine hölzerne Welle gewickelt, und durch deren
Fortwälzung, vermittelst einer darauf gelegten Last, geebnet wird, welches auch
mangen, mangeln und mandeln heißt. 3) Ingleichen für sieben, doch nur so fern
es vermittelst eines schräge stehenden Siebes geschiehet, an welchem die
gröbern, schwerern Theile herab rollen, die kleinern und leichtern aber
durchfallen. Getreide, Erderollen. (
S. Rolle.) 4) Um seinen Mittelpunct biegen, im Kreise
zusammenwickeln. Die Haare rollen sich, wenn sie sich in Rollen, d. i. Locken,
biegen. Ein Blatt Papier zusammen rollen. Ein Stück Taffet aufrollen, abrollen,
zusammen rollen. So auch das Rollen. [
1153-1154] Anm. Im
Niederdeutschen rullen, im Schwed. rulla, im Engl. to roll, im Franz. rouler,
im Bretagnischen ruila, im Irländ. rolam, im mittlern Lat. grollare. Es ist
eine unmittelbare Nachahmung des Schalles. Das Nieders. rüllen bedeutet auch
prügeln; eben daselbst ist rallen auch ein lärmendes Getöse machen.
[
1153-1154]