Der Rachen
, [
907-908] des -s, plur. ut nom. sing. 1)
Eigentlich, der untere Theil des geöffneten Schlundes bey dem Anfange der Luft-
und Speiseröhre, und in weiterer Bedeutung der Schlund selbst; doch
gemeiniglich nur von dem geöffneten Schlunde der größern Thiere, besonders so
fern sie den Menschen gefährlich sind. Der Rachen der Löwen. Den Rachen
aufsperren. Das Lamm dem Wolfe aus dem Rachen reißen. Einem Pferde den Rachen
stechen, ihm die in der dritten und vierten Furche des Gaumens liegende Ader
öffnen. Rachen hat in allen diesen Fällen den Nebenbegriff, theils der großen,
theils aber der fürchterlichen, schädlichen Öffnung des Maules, daher man es in
noch weiterer Bedeutung für den Mund überhaupt nie anders als in harter und
verächtlicher Bedeutung gebraucht. Den Rachen aufsperren, den Mund. Jemanden
den Rachen füllen, ihn sättigen. Einem alles in den Rachen stecken, alles an
ihn wenden. Indessen muß es doch in einigen Gegenden in anständiger und
unschuldiger Bedeutung üblich seyn, sonst würde Opitz wohl nicht gesungen
haben:
Was Anmuth hat mir deine Red erregt! Wie lieblich ist sie doch
in meinen Rachen! Ps. 119,
Und im 137sten Psalme:
So müsse mir die Zung am Rachen kleben.
2) Figürlich, ein fürchterlicher, schrecklicher Abgrund, mit
dem Beysatze des Dinges, dem er zugehöret. Der Rachen der Hölle, in der
Deutschen Bibel. Dem Tode im Rachen stecken, in augenscheinlicher Lebensgefahr
seyn.
Wenn dann vielleicht der Wellen schwarzer Rachen Den Frachten
droht und Mast und Kiel ereilt, Haged.
Anm. Schon bey dem Raban Maurus Hracho, im Angels. Raca, im
Holländ. Raaken, und selbst im Arab. Harakon oder Harrachon, Frisch läßt es von
dem Lat. Rictus abstammen, welches wieder von ringere, ehedem rigere, ohne
Zweifel eigentlich den Rachen aufsperren, herkommt. Wachter fällt auf das Hebr.
Rakia, der Himmel, weil die Griechen den Himmel und Gaumen -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - nannten, und der heil. Augustin
sagt, quod hiatus noster, cum os aperimus mundo similis esse videatur; eine
sonderbare Ähnlichkeit, die wohl nur dem heil. Augustin einfallen konnte.
Sollen diese Ableitungen erträglich seyn, so muß man in Rachen und dem Hebr.
Rakia einen dritten Stammbegriff annehmen, welcher die große weite Höhlung oder
Öffnung seyn würde, und da könnte es leicht seyn, daß Rachen, das Stammwort
wäre, weil es den Laut sehr genau nachahmet, welcher mit der Aufsperrung des
Rachens großer zorniger Thiere verbunden zu seyn pflegt.
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909-910]