Der Rand
, [
927-928] des -es, plur. die Ränder,
Diminut. das Rändchen, Oberd. Rändlein, die äußerste Fläche eines Dinges,
diejenige schmale Fläche, welche den äußersten Umfang eines Körpers ausmacht.
1) Eigentlich. Der Rand eines Grabes, eines Brunnens, einer Grube. Am Rande des
Brunnens stehen. Der Rand eines Flusses; indessen ist von Flüssen und andern
großen Wassern das Wort Ufer üblicher. Der Rand des Schiffes, wofür doch das
Nieders. Bort eingeführet ist. Die Wiesenränder vermiethen. Der Rand eines
Glases, Bechers, Topfes, Gefäßes u. s. f. der Rand des Tisches. Der Rand eines
Buches, die leer gelassene, lange und schmale Fläche an der äußersten Seite der
Blätter. Ein Buch mit einem breiten Rande. Einen Rand brechen, einen Bug in das
Papier machen, die Gränzen des Randes zu bezeichnen. Etwas auf den Rand
schreiben. Das versteht sich am Rande, das Verstehet sich von selbst, ist außer
allem Zweifel, eine vermuthlich von den ehemaligen Randglossen entlehnte Figur.
Am Rande des Abgrundes stehen, figürlich, in der äußersten Gefahr des Lebens
und des Unterganges seyn. 2) Figürlich, das Ende eines Dinges oder einer Sache;
doch nur noch in einigen R. A. wo das Wort nur in Singular allein üblich ist.
Mit einer Sache zu Rande kommen, sie zur Ende bringen, ingleichen sich darein
zu finden wissen. Mit jemanden zu Rande kommen, mit ihm aus einander kommen,
mit ihm einig werden, wofür man in einigen Fällen auch sagt, mit ihm aufs Reine
kommen. Eine Sache zu Rande bringen, oder auch, sie ins Reine bringen, sie in
Ordnung bringen, ihr das rechte Geschick geben. Sie müssen mit ihrem Gewissen
schon vortrefflich zu Rande seyn, daß es ihnen nicht gleich beyfällt. Less. Man
könnte glauben, daß Rind in diesen Fällen aus rein entstanden sey, welches eben
in diesem Verstande gebraucht wird. Allein es ist wahrscheinlicher, daß es eine
aus der Schifffahrt entlehnte Figur ist, und daß zu Rande kommen, eigentlich,
das Ufer erreichen, bedeutet. Opitz gebraucht diese R. A. mehrmahls im
eigentlichen Verstande: Ich walle wie ein Schiff, das durch das wilde Meer Von
Wellen umgejagt, nicht kann zu Rande finden. Und an einem andern Orte:
Ein stiller Port der Noth, An dem der Kummer ruht und gibet
sich zu Rande.
Anm. Bey dem Stryker und seinen Zeitgenossen Rant, im
Nieders. Schwed. und Engl. gleichfalls Rand, im Isländ. Raund und Rond. Rand,
Rain, Ranft, Rahm, Reif, Braun in Augenbraunen, und allen Ansehen nach noch
auch Strand u. s. f. sind alle Wörter Eines Geschlechtes, welche eigentlich
überhaupt eine jede Ausdehnung in die Länge ohne beträchtliche Breite und
Dicke, und in engerer Bedeutung die äußerste Fläche eines Körpers von dieser
Art bezeichnen, ob sie gleich durch den Gebrauch auf verschiedener Weise
eingeschränket worden. Diese erste Bedeutung erhellet noch aus dem
Schwedischen, wo Rand auch eine Linie bedeutet. Im Nieders. bedeutet daher noch
anranden, eigentlich, an eine Sache reichen, und figürlich, sich an etwas
machen, es angreifen, jemanden anfallen, ihn anreden, anrufen u. s. f. welches
an Ottfrieds reinen, berühren, erinnert. (
S. Rain und Ranft.) Einige Sprachlehrer behaupten, der
Plural laute Rande, und Ränder sey eine Meißnische Privinzial-Form. Allein der
letzte Plural ist doch wenigstens im Hochdeutschen allgemein, und Rände scheint
vielmehr nur einigen Provinzen eigen zu seyn. [
927-928]