Ragen
, [
917-918] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert, und nur noch mit den Nebenwörtern heraus und hervor
gebraucht wird, ohne doch Zusammensetzungen mit denselben zu machen. Aus etwas
heraus ragen, oder nur heraus ragen, schlechthin, aus demselben heraus stehen,
außer der Fläche sichtbar seyn. So auch hervor ragen. Eine hervor ragende Ecke.
Die Balkenköpfe ragen einen halben Fuß hervor. Der Flügelmann raget vor dem
ganzen Regimente vor oder hervor. Luther gebraucht es auf eine ungewöhnliche
Art auch ohne Nebenwort: Esra raget über alles Volk; Nehem. 8, 5. So auch die
Herausragung und Hervorragung. Im Oberdeutschen scheint es auch figürlich
herstammen, herkommen, zu bezeichnen. Wenigstens sagt Opitz, wenn er von der
Verklärung der Leiber spricht:
Der Leib Soll führen solches Licht, als aus dem Himmel rage.
Nach einer andern Figur bedeutete es im Oberdeutschen auch
hart und steif seyn, Lat. rigere, in welcher Bedeutung geragen bey dem
Kaisersberg, und bey andern das Nebenwort rag, für starr, steif, rigidas,
vorkommt. (
S. Frischens Wörterb. und im folgenden Rehe, das
Beywort.) Anm. Die Niederdeutschen und verwandten Sprecharten kennen
dieses Wort allem Ansehen nach nicht, welches im Oberdeutschen einheimisch zu
seyn scheinet, daher es auch im Hochdeutschen nur von einem so eingeschränkten
Gebrauche ist. Indessen werden doch dessen Verwandte überall angetroffen. Die
nächsten sind unser Kragstein, das Zeitwort reichen, Ottfrieds irrechen,
aufstehen machen, das folgende Rahe, und andere mehr.
S. die beyden ersten. [
917-918]