Nöthigen
, [
531-532] verb. reg. act. 1) * Durch
äußere Gewalt, wider Willen, zu etwas bewegen, zwingen, von Noth 5; eine im
Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher so wohl nöthigen, als das
veraltete einfachere nöthen bey den Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig
ist. So dich jemand nöthiget eine Meile, so gehe mit ihm zwo, Matth. 5, 41.
Ohne deinen Willen wollte ich nichts thun, auf daß dein Gutes nicht wäre
genöthiget, sondern freywillig, Philem. 14.
Die ärgste Noth ist die, die gar zu lange nöthet, Logau.
Ehedem war eine Jungfrau nöthigen oder nöthen so viel als sie
nothzüchtigen. Zuweilen pflegt man die R. A. genöthiget werden, genöthiget
seyn, sich genöthiget sehen, auch im Hochdeutschen im glimpflichsten Verstande
zu gebrauchen, wenn man wider Willen zu etwas gezwungen worden. 2) Durch
dringende Umstände, durch Vorlegung triftiger Gründe zu etwas bewegen, so daß
der freye Wille dabey nicht im eigentlichen Verstande gezwungen wird. Ich ward
genöthiget, mich auf den Kaiser zu berufen, Apostelg. 28, 29. Das Wetter
nöthigte mich zu Hause zu bleiben. Was nöthiget dich dazu? Besonders in den R.
A. sich genöthiget sehen, genöthiget seyn, genöthiget werden, wofür man im
Oberdeutschen sagt, sich gemüßiget oder bemüßiget sehen, bemüßiget werden. 3)
In der engsten Bedeutung, aus Höflichkeit, durch Gründe der Höflichkeit zu
etwas bewegen. Jemanden zum Essen, zum Trinken nöthigen. man nöthigte mich
lange so lange, bis ich voran gehen, die Oberstelle nehmen mußte. Das Nöthigen
bey Tische ist nicht mehr Mode. Schon Ottfried gebraucht in diesem Verstande
noten. So auch die Nöthigung, besonders in der zweyten Bedeutung. Anm. Im
Schwed. nödga, bey dem Ulphilas nauthjan, im Angels. neadigan. Es ist das
Intensivum oder Frequentativum des schon gedachten im Hochdeutschen aber
veralteten nöthen, welches mit dem Oberdeutschen nieten genau zusammen hänget,
und ehedem für unser heutiges nöthigen gangbar war; Dän. node, Schwed. nöda,
Isländ. neida. In zunöthigen, zudringen, hat es noch die mehr eigentliche
Bewegung des Bestrebens, Drängens, (
S. Nieten,) so wie es benöthiget zunächst von nöthig
abstammet.