Die Nacht
, [
391-392] plur. die Nächte. 1)
Finsterniß, der Stand der Dunkelheit überhaupt. Es wird am Morgen doch Nacht
seyn, Es. 21, 12. Wenn es am Tage sehr dunkel wird, sagt man häufig, es werde
Nacht.
Murner wandelte fort, durch dicke cimmexische Nächte Über
Plutons finstre Gebilde, Zachar.
Alles schien sich um mich her, in Nacht und Grauen zu
verhüllen. 2) In engerer Bedeutung diejenige Zeit, da die Hälfte der Erdkugel
verdunkelt wird, da sich die Sonne unter unserm Horizonte verweilet; im
Gegensatze des Tages. Es ist Nacht. Es wird Nacht. Die Nacht bricht an,
überfällt, übereilet uns. Ich habe diese Nacht, oder die vorige Nacht kein Auge
geschlossen. Etwas auf die Nacht aufheben. Ich kam ihn weder Tag noch Nacht von
der Seite. Tag und Nacht arbeiten, unaufhörlich. Die Nacht ist niemands Freund.
Bey der Nacht sind alle Katzen grau, oder alle Kühe schwarz.
Siehe, die einsame Nacht winkt mit dem bleyernen Zepter Ihrem
düsteren Zug, Zachar.
Die zwölf Nächte, die zwölf Nächte vom ersten Christtage an,
aus deren Beschaffenheit der große Haufe die Witterung des ganzen Jahres vorher
bestimmet, wobey jede Nacht für einen Monath gelten muß. Besonders in Ansehung
der Ruhe, des Schlafes. Der Kranke hat eine gute, eine böse Nacht gehabt. Sie
haben ihm mit dieser Nachricht eine unruhige Nacht verursacht. Viele schlaflose
Nächte haben. Gute Nacht! der gewöhnliche Wunsch einer guten Nachtruhe vor dem
Schlafengehen. Daher, jemanden gute Nacht sagen, wünschen, oder geben, welches
auch wohl figürlich gebraucht wird. Der Welt gute Nacht sagen, oder geben,
sterben. Und nahmen fröhlich gute Nacht, Gell. Die Aus drücke wohlschlafende,
wohlruhende, geruhsame Nacht, gehören in die Sprache des großen Haufens, wovon
die beyden ersten nicht einmahl grammatisch richtig sind. Mit einigen
Vorwörtern wird dieses Wort auf eine ein wenig ungewöhnliche Art gebraucht. Bey
der Nacht, zur Nachtzeit, in der Nacht. Bey der Nacht arbeiten. Jemanden bey
der Nacht erscheinen, zur nächtlichen Zeit. Ingleichen ohne Artikel, bey Nacht,
im gemeinen Leben bey Nachte. Bey Nacht und Nebel davon gehen, mit Hülfe der
Dunkelheit der Nacht.
Bey Nachte schlief sie stets noch an der Mutter Bette, Rost.
Ich werde auf die Nacht nicht schlafen können, Gell. in der
künftigen Nacht. Über Nacht, die Nacht über, im gemeinen Leben und der
vertraulichen Sprechart. Über Nacht ausbleiben. Über Nacht an einem Orte
bleiben, daselbst übernachten. Jemanden über Nacht bey sich behalten. Mit dem
angehängten adverbischen s wird dieses Wort auch häufig als ein Nebenwort
gebraucht; Nachts, d. i. zur Nachtzeit. Nachts muß man nicht arbeiten. Daß
dieses Nebenwort alt ist, erhellet schon aus dem Ottfried und Notker. Quam er
z'imo nahtes, Ottfried, zur Zeit der Nacht. Da es im gemeinen Leben auch wohl
das Vorwort vor vor sich leidet, wie man auch sagt vor Tags. Vor Nachts werde
ich nicht wieder kommen. Vor Nachts schlafen gehen. Nur der Ausdruck des Nachts
für Nachts hat keine Analogie, man müßte denn die gleichfalls irregulären
Formen aller Orten, dieser Tagen, nächster Tagen, für Analogie halten. Es
scheinet, daß man das Nebenwort Nachts für irgend einen männlichen Genitiv
gehalten, und ihm daher den männlichen Artikel beygefüget, so wie man sagt des
Tages, des Morgens, des Abends; ungeachtet Nacht ein weibliches Wort ist,
dessen Genitiv der Nacht heißen müßte. Dem sey wie ihm wolle, so ist dieser
Ausdruck sehr häufig, selbst in der anständigen Sprechart. Des Nachts fällt der
Thau, 4 Mos. 11, 9. Der Herr erschien Salomo des Nachts, 2 Chron. 7, 12. Grauen
des Nachts, Ps. 91, 5. Daß der Mond dich des Nachts nicht steche, Ps. 121, 6;
und so in andern Stellen mehr. In der im gemeinen Leben üblichen R. A. zu Nacht
essen, bedeutet Nacht den Abend, das Abendbrot essen, welches daher auch wohl
das Nachtbrot oder Nachtessen genannt wird. In Fastnacht bedeutet es den Abend,
oder in weiterm Verstande den Tag vor einer gewissen Zeit, so wie Nox im
mittlern Lateine häufig von dem Tage vor einem Feste gebraucht wird. in dem
Worte Weihnachten, eigentlich die heiligen Nächte, ist die letzte Hälfte der
alte Oberdeutsche Plural Nachten für Nächte, welcher noch jetzt in manchen
Gegenden Oberdeutschlandes gangbar ist. 3) Nach einer sehr alten Figur ist die
Nacht und Finsterniß überhaupt ein Bild der tiefen Trauer, des Elendes, der
Unwissenheit, des Todes und des Grabes. Zwar eine lange Nacht wird uns trennen,
die Zeit zwischen dem Tode und der Auferstehung. Das Reich der Nacht oder der
Schatten, der Zustand des Todes. Der Ball der mich ins Reich der Nacht zu
schleudern brannte, Raml.
Denn tiefe Nacht deckt vor uns her die Tage, Die jeder noch
durchwandern wird, Uz.
d. i. Unwissenheit der Zukunft. Eine undurchdringliche Nacht
zieht ihre Decke vor das Zukünftige, Sonnenf.
Des Schöpfers weisen Willen Pflegt eine dunkle Nacht noch vor
uns zu verhüllen, Weiße.
Anm. Bey dem Ulphilas Nahts, bey dem Kero, Ottfried u. s. f.
Naht, im Nieders. Nagt, im Dän. Isländ. und Schwed. Natt, im Angels. Niht,
Nihtas, im Engl. Night, im Ital. Notte, im Span. Noche, im Franz. Nuit, in der
Provence Nuech, in Gascogne Neyt, in Bretagne Nos, in Graubünden Noig, in
Lotharingen Neut, Neuie, in Burgund Neut, im Albanischen Nata, im Wallach.
Noapte, im Slavon. und Wendischen Noc, im Wallis. Nos, im Latein. Nox, noctis,
im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , im Hebr. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - ; woraus das hohe Alter und der weite
Umfang dieses Wortes hinlänglich erhellet. Es kann zugleich zu einem sehr
einleuchtenden Beweise von dem Übergange mancher Mitlaute in einander, oder
vielmehr von dem Daseyn mehrerer gleichbedeutender Ableitungslaute mit einem
und eben demselben Worte seyn, weil man hier die Endbuchstaben chts, x, cht,
ch, g, c, j, t und tt, pt und s hat. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß es mit
dem bey dem Hesychius befindlichen Worte -
hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - , die Finsterniß, und mit dem Latein. niger, schwarz,
vielleicht auch mit ater, welchem nur das ohnehin nicht wesentliche N fehlet, (
S. N,) sehr genau verwandt ist.
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393-394]