Nachahmen
, [
363-364] verb. reg. act. welches im
weitesten Verstande, eine Person oder Sache zum Muster seiner ähnlichen
Handlungen nehmen, bedeutet, wo es denn das nachäffen, nachmachen und nachthun
mit unter sich begreift, aber der Würde nach edler ist, als alle diese drey
Zeitwörter. In engerer Bedeutung schließt es so wohl die Besonnenheit mit ein,
als auch, wenn von sittlichen Handlungen die Rede ist, die Übereinstimmung des
Gemüthes, und da ist nachahmen in ähnlichen Umständen ähnlich handeln. Der
Bildhauer ahmet die Natur nach, wenn er Züge aus derselben entlehnet, und sie
auf einen andern Körper überträget, welches besonders nachbilden genannt wird.
Die ganze Kunst der Mahlerey besteht in der Nachahmung der Natur. Der Mensch
kann nicht erfinden, sondern nur finden, nur nachahmen, Herd. Jemandes Beyspiel
nachahmen. Lehren sie mich, ihre Tugend nachahmen. Eines Stimme, Gang,
Schreibart, Gebärden nachahmen. Jemanden in einer Sache nachahmen. So auch die
Nachahmung, so wohl von der Handlung des Nachahmens, als auch von dem dadurch
hervor gebrachten Dinge. Anm. 1. Die Sache, welche nachgeahmet wird, stehet
alle Mahl in der vierten Endung, welche Endung auch die Person bekommt, wenn
sie als Sache betrachtet wird, sie mag nun allein stehen, oder die Sache mag
vermittelst der zweyten Endung, oder auch durch Hülfe eines Vorwortes
ausgedruckt werden. Ahme deinen Vater nach; ahme deines Vater Tugend nach; ahme
deinen Vater in der Tugend nach. Nur wenn die Sache in der vierten Endung
ausgedruckt werden könnte, welches doch selten geschiehet, kann die dritte
Endung Statt finden; ahme deinem Vater die Tugend nach. Die Sache in der
dritten Endung zu setzen, wie von einigen geschiehet; einer Gewohnheit
nachahmen, Gottsched, ist unstreitig ein eben so großer Fehler, als wenn die
Person außer dem schon gedachten Falle in die dritte Endung gesetzet wird.
Sieht mich die Mitternacht bey meinem Sehrohr wach, So ahm ich
höchst vergnügt berühmten Männern nach, Haged.
Sehr übelklingend ist es, wenn einige Dichter das nach in
diesem Zeitworte, um des Sylbenmaßes und Reimes willen, als ein unabänderliches
Vorwort gebrauchen.
Nachahmst du etwa unsern Bundesgenossen? Schleg.
Anm. 2. Dieses Zeitwort kommt so wie das einfache ahmen bey
unsern ältesten Schriftstellern nicht vor. Kero gebraucht dafür keleisinen,
gleichsenen, in Boxhorns Glossen anakilinan, Ott- fried, Willeram und Notker
aber biliden, piliden, bilden, und spätere Oberdeutsche Schriftsteller
andteren, andern, welches Frisch von ander, herleiter, aber auch das
Infinitivum von ahmen seyn kann, so wie es das verwandte Latein. imitari von
dem veralteten imari ist. Aus diesem Lateinischen Worte erhellet zugleich das
hohe Alter unsers ahmen, zu dessen Geschlechte auch das alte Schwed. äm und
jetzige jämn, gleich, ähnlich, eben, gehöret.
S. Eben Anm. [
363-364]