Das Meer
, [
133-134] des -es, plur. die -e,
Diminut. das Meerchen, Oberd. Meerlein. 1) * Überhaupt, eine jede große Masse
Wassers, eine Sammlung vieler Wassers. In dieser weitesten im Hochdeutschen
ungewöhnlichen Bedeutung heißt in der Deutschen Bibel 1 Kön. 7, 23 f. 2 Kön.
25, 13 u. s. f. das große eherne Wasserfaß in dem Vorhofe des Tempels nach dem
Vorgange des Hebräischen Grundtextes, das eherne Meer. Im mittlern Lat. kommt
in einer Urkunde Herzogs Hugo von Burgund bey dem Du Fresne Mare vitreum
gleichfalls von einem gläsernen Gefäße vor. 2) In engerm Verstande, eine
beträchtliche Sammlung Wassers auf dem Erdboden, besonders eine solche, auf
welcher das Wasser Wellen schläget; in welchem Verstande verschiedene Landseen
oder stehende Wassersammlungen, welche keinen sichtbaren Abfluß haben, oder
rings um mit Land umgeben sind, ein Meer genannt werden. Dahin gehören nicht
nur das todte Meer und das Galiläische Meer im Jüdischen Lande, welche
eigentlich beträchtliche Landseen sind, sondern auch das Kaspische Meer in dem
nördlichen Asien. Am Niederrheine und in Nieder-Deutschland ist diese Benennung
noch sehr üblich, wo mehrere beträchtliche Landseen Meere genannt werden. Dahin
gehören das Harlemer Meer in der Provinz Holland, das Lacher Meer im
Trierschen, das Steinhuder Meer im Bückeburgischen, welches über eine Meile
lang und eine halbe Meile breit ist, und andere Mehr. Außer diesen Fällen, in
welchen es als ein eigenthümlicher Nahme angesehen wird, ist es im
Hochdeutschen in dieser Bedeutung nicht übliche. 3) Am häufigsten und
gewöhnlichen wird die große Sammlung Wassers, welche das feste Land des
Erdbodens umgibt, und welches auch die See, das Weltmeer heißt, das Meer
schlechthin genannt. Das Wasser, die Fische im Meer. Ein Sturm auf dem Meer.
Jenseits des Meeres. Auf dem Meer fahren. Im Meere fischen. Ein am Meer
gelegenes Land. In vielen Fällen ist es gleichgültig, ob man in diesem
Verstande See oder Meer gebraucht, in allen aber nicht. So sagt man nicht zu
Meere fahren, zu Meere handeln, eine Reise zu Meer u. s. f. wo nur allein See
üblich ist. Überhaupt im Niederdeutschen, und der ganzen daher rührenden
Seesprache in diesem Verstande das Wort See üblicher, so wie Meer den
Oberdeutschen am geläufigsten zu seyn scheinet. Einzelne Theile dieses großen
Weltmeeres führen im Hochdeutschen häufiger den Nahmen des Meeres als der See,
ja einige leiden das letzte Wort gar nicht. Das rothe Meer, das schwarze Meer,
das weiße Meer, das mittelländische Meer, das Griechische Meer, das Eismeer,
das atlantische Meer, das stille Meer, das Japanische Meer u. s. f. Dagegen in
Nordsee, Ostsee, Südersee, Südsee, und andern das Wort See üblicher ist.
Figürlich pflegt man, besonders in der höhern Schreibart, auch wohl eine jede
große Menge ein Meer zu nennen.
Wie brausend Ein Meer von Feinden ihn umfing, Raml.
Anm. Dieses alte und sehr weit ausgebreitete Wort leutet bey
dem Notker ther Mere, bey dem Ulphilas Marei, im Schwed. und Isländ. Mar, im
Angels. Mere, im Bretagnischen Mor, im Lat. Mare, im Böhm. und Russ. More, bey
den Krainerischen Wenden Murje, im Lettischen Marrios, im Esthnischen Merri, im
Pohln. Morze. Es scheinet den Begriff der Menge, und den damit verbundenen
Begriff der Bewegung zu haben, und zu dem Geschlechte unsers mehr, plus,
mähren, rühren, sich bewegen, des Griech. -
hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - , fließen, u. a. m. zu gehören. Die figürliche Bedeutung der
Menge, in welcher See nicht üblich ist, bestätiget diese Ableitung. Unser Moor
und Morast sind nur auf eine entferntere Art damit verwandt, indem selbige
zunächst zu der Familie des Wortes mürbe, Nieders. mör, gehören. In der
Zusammensetzung bedeutet es theils etwas, was dem Meere eigen ist, von
demselben gesagt wird, theils Dinge, welche in und an dem Meere angetroffen
werden, theils aber auch Körper, welche über Meer, oder vermittelst der
Schifffahrt zu uns kommen, wie in Meerschwein, Meerkatze u. s. f. Viele
derselben sind auch mit dem Worte See üblich, viele aber auch nicht, so wie
andere nur das See allein leiden. [
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