3. Das Luder
3. Das Luder,
[
2119-2120] des -s, plur. inus. ein Wort,
welches 1. überhaupt Fleisch bedeutet zu haben scheinet. Wenigstens pflegt man
in den niedrigen Sprecharten es noch oft von dem Fleische lebendiger Pferde zu
gebrauchen. Das Luder fällt dem Pferde von dem Leibe, wenn es mager wird. Es
bekommt Luder, setzt Luder an, wenn es Fleisch ansetzet. 2. In engerer
Bedeutung. 1) Das uneßbare Fleisch kranker oder untauglicher getödteter Thiere.
In diesem Verstande werden die Jagdhunde mit Luder gefüttert, d. i. mit dem
gesottenen Fleische untauglicher und todt gestochener Pferde. 2) In den
niedrigsten Sprecharten ist Luder das Fleisch verstorbener Thiere; das Aas. Es
stinkt wie Luder. Ingleichen ein verstorbenes Thier selbst. Da liegt ein Luder.
3) Bey den Jägern, eine jede scharf riechende Lockspeise wilder Thiere, sie
bestehe nun aus Fleisch oder aus andern Dingen. So ist das Luder, womit der
Fuchs angelocket wird, ein gebratener Häring, oder auch weißes in Schweinefett
gebratenes Brot. Bey den Falkenieren wird auch der nachgemachte Vogel, womit
man den Falken zurück locket, das Luder genannt, wenn es anders hier nicht das
obige Luder, das Spiel, ist, weil dieser nachgemachte Vogel auch das Federspiel
genannt wird. Anm. In der zweyten und engern Bedeutung lautet es im Schwed.
gleichfalls Luder. Es scheinet in dieser Bedeutung mit dem ersten Worte Luder,
das Spiel, Eines Geschlechtes zu seyn, und zunächst die weiche, bewegliche,
schlotternde Eigenschaft des Fleisches zu bezeichnen, welche Eigenschaft
vornehmlich das Fleisch wohl genährter Pferde hat, daher es auch von diesen am
häufigsten gebraucht wird. Fleisch und Leiche, in der alten Bedeutung des
Fleisches, leiden eine ähnliche Ableitung. In der dritten engern Bedeutung
einer Lockspeise lautet es im Ital. Ludro und Isländ. Ludro, und mit
Verwechselung des d und g in der ersten auch Logaro, und in der letztern
Logara, Logaro, im Franz. mit der im Niederdeutschen gewöhnlichen Ausstoßung
des d, Leurre, im Engl. Lure. Es ist noch die Frage, ob es in dieser Bedeutung
nicht zu einem andern Stamme gehöret, und zwar zu laden oder locken, so daß
Luder eigentlich ein jedes betrüglicher Weise einladendes oder lockendes Ding
bedeutet. Wenigstens kommen Luder und das Zeitwort ludern und lüdern bey den
ältern Schriftstellern sehr oft für Lockung, Reitzung, locken, reitzen vor. Den
Feind aus der Festung heraus lüdern. Tschudi. Zu einem Krieg wider ihre getreue
Nachbarn gelüdert, ebend.
Liep ane wanc swie sie doch smecket, Sie luedert sie luketir
fruindes gedanc, Burkh. v. Hohenf.
Wo die Figur viel zu niedrig seyn würde, wenn dieses Wort von
Luder, Aas, abstammete. Auch das Franz. Leurre und Engl. to allure kommen in
weiterer Bedeutung vor. In allen diesen Wörtern ist die letzte Sylbe er die
Ableitungssylbe, welche bald ein Werkzeug, bald aber auch ein Ding bedeutet,
von welchem das Wort, dem es angehänget wird, etwas sagt. Es kommt daher bey
der Ableitung nur auf die Sylbe Lud an, welche sich freylich zu mehrern Stämmen
rechnen lässet. Frisch wirft alle diese Wörter unter einander, und erkennet nur
ein einziges als die Quelle der übrigen, und dieß ist das veraltete Luder, das
Spiel, welches er noch dazu von dem Lat. ein Ludus abstammen lässet.
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2121-2122]