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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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1. Lehnen | | * Der Lehner

2. Lehnen

2. Lehnen, [1981-1982] (mit einem hellen e,) verb. reg. welches in einer doppelten Gestalt üblich ist. 1. Als ein Activum. 1) * Geben überhaupt, den Gebrauch oder Besitz einer Sache übertragen, ohne die Art und Weise zu bestimmen; eine im Deutschen veraltete Bedeutung, von welchen sich doch in den verwandten Sprachen häufige Spuren finden. Das Schwed. läna bedeutet geben, bewilligen, und das Finnländ. lahjan schenken. ( S. Leihen, welches in dieser allgemeinen Bedeutung gleichfalls üblich war.) Man gebraucht dieses Wort jetzt nur noch in engerem Verstande, den Gebrauch, Nießbrauch einer Sache auf eine Zeit verstatten, besonders, wenn es unentgeldlich geschiehet; denn wenn etwas dafür entrichtet wird, so sind die Ausdrücke miethen und pachten üblicher, ob es gleich auch, besonders in den Zusammensetzungen, Fälle gibt, wo die Vergütung nicht ausgeschlossen wird. Jemanden ein Buch, sein Pferd, ein Haus lehnen. Cajus bat mich, ihm meinen Wagen zu lehnen.
Hierzu nun sollen uns auch ihre Stimmen lehnen Die welschen Druides und indischen Bramen, Opitz.
In dieser Bedeutung ist es, so wie borgen, obgleich dieses von weiterm Umfange der Bedeutung ist, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart der Ober- und Niedersachsen am üblichsten; dagegen im Oberdeutschen und in der edlern Sprech- und Schreibart der Hochdeutschen leihen gangbarer ist. ( S. dieses Wort.) Nach einer andern Einschränkung bedeutete es, so wie leihen ehedem auch, als ein Lehen geben, überlassen; jemanden ein Gut lehnen oder leihen, wofür man doch jetzt lieber sagt, es ihm zu Lehen geben. Nur das zusammen gesetzte belehnen, wofür man wohl nicht leicht beleihen finden dürfte, erhält dieses Wort noch. 2) Nehmen, empfangen, doch gleichfalls nur noch in der vorigen engern Bedeutung, eine Sache zum Gebrauche, besonders zum unentgeldlichen Gebrauche, auf eine Zeit verlangen und bekommen; entlehnen, borgen, leihen. Es ist nicht mein eigen, es ist nur gelehnet. Etwas von einem lehnen. Geld von seinem Freunde lehnen. 2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Bey jemanden zu Lehen gehen, als ein Lehen, Feudum, von ihm abhängen, bey den Schriftstellern des Lehnrechtes. Das Gut lehnet dem Fürsten, rühret als ein Lehen von ihm her. 2) Zur Lehenware verpflichtet seyn, wo es auch von Erbzinsgütern gebraucht wird, wenn diese den Nahmen der Lehen führen. So viel der Acker zinset, so viel lehnet er auch. Aus welchem Grundsatze es vermuthlich herrühret, daß lehnen oft auch für zinsen überhaupt gebraucht wird. Der Acker lehnet zwölf Gulden, gibt so viele Erbzinsen; wenn anders nicht hier noch die obige allgemeinere Bedeutung zum Grunde lieget. Das Hauptwort die Lehnung ist in den Zusammensetzungen üblicher als in dem einfachen. Anm. In den Greifswaldischen kritischen Versuchungen, und in dem Hamburgischen gemeinnützigen Magazine wird behauptet, daß lehnen in der ersten thätigen Bedeutung unrichtig sey, indem der Geber leihe, der Nehmer aber nur lehne. Dieser Unterschied müßte doch einen Grund haben, wenn er nicht bloß willkührlich seyn soll; allein der Gebrauch, so wohl der Deutschen, als aller verwandten Sprachen, die Analogie der Wörter leihen und borgen, und selbst die Abstammung beweisen gerade das Gegentheil. Dieses Wort lautet im Nieders. und Holländ. leenen, im Angels. hlaenan und laenan, im Dän. laane, im Schwed. läna oder lana, im Finnländischen lainan; alle so wohl von dem Geben, als auch von dem Nehmen, in welchen doppelten Verstande sogar schon das einfachere lewjan und lechwan bey dem Ulphilas, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - im Hebräischen, vorkommen. Warum sollte denn lehnen allein im Deutschen so eingeschränkt seyn? Forschen wir dem Ursprunge dieses Wortes weiter nach, so ist es [1983-1984] vermittelst der Ableitungssylbe -nen unstreitig aus leihen, ehedem lehen gebildet, und lehnen, stehet für lehenen. Noch im Schwabenspieg wird Lehenung durch locatio et conductio erkläret. Die Endsylbe -nen, welche Ihre in diesem Worte sehr unwahrscheinlich für das Zeitwort na, nehmen, und aus diesem Grunde, die Bedeutung des Nehmens für die eigentlichste hält, bezeichnet theils einen Anfang, wie vielleicht in dem vorigen 1. Lehnen und in den Lat. Zeitwörtern auf sco, theils eine Verursachung, wie in öffnen, offen machen, warnen, wahrnehmen machen, festenen, fest machen u. s. f. theils eine bloße Intension, wie in sehnen, von sehen, u. a. m. S. - Nen. Man nehme hier welche Bedeutung man will, so wird man nichts für den behaupteten Unterschied daraus schließen können, und lehnen kann so gut von dem Geber gesagt werden, als das einfachere leihen, und in belehnen ist diese bebende Bedeutung unstreitig. Es kommt hier also bloß auf den Gebrauch an, und dieser beweiset nichts, als daß lehnen bey den Oberdeutschen am sparsamsten vorkommt, in Niederdeutschland und den nördlichen Sprachen aber einheimisch ist, und vermuthlich aus dem Niederdeutschen in die vertrauliche Sprechart der Hochdeutschen aufgenommen worden. S. Leihen und Lohn. [1983-1984]
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