3. Je
3. Je,
[
1427-1428] eine Partikel, welche
überhaupt eine Allgemeinheit bedeutet, so wohl der Zeit, als der Sache. I. Der
Zeit. 1) So wohl eine beständige, ununterbrochene Fortdauer zu bezeichnen, als
auch für immer, zu allen vorkommenden Zeiten und Gelegenheiten; bey dem Notker
und Ottfried ieo, bey den Schwäbischen Dichtern ie, im Schwed. a, ae, ee und e,
bey dem Ulphilas aio, im Angels. a, aa, im Isländ. ei, im Wallis. en, im
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ,
S. Ewig. Er (Gott) ist ieo dasselbe, Notker, zu allen
Zeiten derselbe.
Rehte froide lobte ich ie, Reinmar der Alte. Ih leiste ie swas
si mir gebot, ebend.
Es ist je einer reicher als der andere, immer. Es betriege je
iener den andern, immer. Wo man es zur Verstärkung der Bedeutung auch wohl zu
wiederhohlen pflegte; je und je, zu allen Zeiten, Schwed. ae ok ae. Wie ich je
und je nicht wohl beredt gewesen, 2 Mos. 4, 10. Denn sie verließen je und je
den Herren, Richt. 2, 13. Ich habe dich je und je geliebt, Jer. 31, 3. Bey dem
Notker bedeutet ieo unde ieo auch figürlich und intensive etiam atque etiam,
und in Schwaben ist je und je, oder ie und ie, von Zeit zu Zeit, bisweilen. Je
zuweilen, je zu Zeiten, je bisweilen, für zuweilen, bisweilen, zu Zeiten,
kommen auch noch zuweilen im gemeinen Leben der Hochdeutschen vor. In dieser
ganzen Bedeutung ist es im Hochdeutschen für sich allein veraltet, wo man es in
derselben nur noch in der R. A. von je her kennet, d. i. von allen Zeiten, oder
doch von einer sehr langen Zeit her, von Anfange an. Er hat von je her nichts
getaugt. Das ist von je her seine Lieblingsmeinung gewesen. Alle große Leute
sind von je her für Wahnsinnige ausgeschrien worden. Auch der Gebrauch dieses
Wörtchens, da es eine austheilende oder distributive Eigenschaft hat, scheinet
ein Überbleibsel dieser Bedeutung zu seyn. Sie gingen je zwey und zwey, es
gingen immer zwey zusammen. Sie gingen je vier, je acht. Von den allen soll je
ein Paar zu dir hinein gehen, 1 Mos. 6, 20. Aus allerley reinem Vieh nimm du
dir je sieben und sieben, Kap. 7, 2. Wofür man auch mit Auslassung des je sagt,
sie gingen zwey und zwey. 2) Für jemahls, zu irgend einer vergangenen oder
zukünftigen Zeit, im Gegensatze des ie; bey den Schwäbischen Dichtern ie, im
Oberdeutschen ie. Wer hat solches je gesehen und je gehöret? Es. 66, 8. Habt
ihr auch je Mangel gehabt? Luc. 22, 35. Was hat er denn gethan? - Mehr als ich
je gedacht, Gell. War je ein Wunsch, den mein Auge verrieth, den du nicht
erfülletest? Geßn. Ich schäme mich auch nicht, je anders gedacht zu haben. Die
Auf- richtigkeit ist die letzte Tugend, von der wir uns je trennen sollten.
Nach andern verneinenden Wörtern, als klein, niemand, ist es überflüssig und
widrig; z. B. nie ist das je erhöret worden. II. Der Sache, für jeder, wo es im
eigentlichen Verstande doch nur noch in den Zusammensetzungen jeder, jeglichen,
jedweder, jemand, u. s. f. üblich ist. Indessen scheinet noch ein gedoppelter
Gebrauch dieses Wörtchens davon abzustammen. 1) Da es eine austheilende oder
proportionale Bedeutung in Ansehung ganzer Sätze hat, in Verbindung mit dem
nachdem. Sie kann lachen und weinen, je nachdem es ihr einfällt, d. i. jedes
nachdem u. s. f. Es ist gleichgültig, ob dieses oder das geschiehet, je nachdem
die Umstände es erfordern.
Ich habe der werlte ir reht getan Ie nach der masse als es mir
stuont, Reinmar der Alte.
2) Vor zwey auf einander folgenden Comparativen, wo es eine
Vertheilung eines gleichen Maßes oder Verhältnisses über beyde bezeichnet, und
jedem derselben vorgesetzet wird. Es wird je länger je schlimmer, d. i. nach
dem Maße, wie die Zeit wächset, nach eben demselben Maße nimmt auch der
schlimme Zustand an innerer Stärke zu. Daß du je länger je mehr thust, Offenb.
2, 19. Je mehr ihrer wird, je mehr sie kündigen, Hof. 4, 7. Je höher du bist,
je mehr dich demüthige, Sir. 3, 20. Je länger hier je später dort. Je größer
Schelm, je besser Glück.
Je mehr man tröstete, je mehr Dorinde schrie, Gell.
Je länger je lieber, ein Nahme des Bittersüß oder
Nachschattens, Solanum dulcamara L. wegen des angenehmen Geruches der Blüthen.
Ingleichen der Specklilie, Lonicera Periclimenum L.
Dort lockt der Je länger je lieber Die Freunde des Laube zum
Scherz, Bernh.
Das letzte je kann seine Stelle auch von dem desto vertreten
lassen, welches besonders alsdann üblich ist, wenn jeder Comparativ sein
eigenes Zeitwort hat, da denn das zum Zeitworte gehörige Pronomen hinter
dasselbe tritt. Je mehr ich ihr von der Liebe vorsage, desto unempfindlicher
wird sie, Gell. Je mehr wir die Unzulänglichkeit unserer Kräfte fühlen, desto
mehr wird unsre Demuth wachsen, ebend. Ingleichen mit einer Inversion, so daß
der zweyte Satz der erste wird. Ein Kunstwerk ist desto schöner, je vollkommner
es ist; das heißt: je mehr es Theile hat, und je mehr alle diese Theile zum
Zwecke beytragen, Sulz. Nur dürfen diese je nicht von ihren Comparativen
getrennet werden, noch ein Vorwort vor oder nach sich haben, welches allemahl
einen unangenehmen Mißklang verursacht. Das Genie ist desto größer, je in einer
größern Kunst es glücklich ist, Litteratur-Br. für: je größer die Kunst ist, in
welcher es glücklich ist. Ein System ist desto schöner, aus je einer größern
Anzahl von Sätzen es bestehet, Sulz. für: je größer die Anzahl von Sätzen ist,
aus welchen es bestehet.
S. Desto. Anm. Diese Partikel ist durch Vorsetzung des
müßigen Jod aus schon oben angeführten ee, e, gebildet. Im Oberdeutschen lautet
sie ie. Als eine versichernde Partikel, wo sie für ja stehet, und auch aus
demselben verderbt zu seyn scheinet, ist sie im Hochdeutschen veraltet. Das ist
je auch eitel, Pred. 4, 16, 18. So ist je besser zwey denn eins, V. 9. So ich
aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes zu
euch, Luc. 11, 20. Das Gesetz ist je heilig, Röm. 7, 12.
S. Ja 2, 6.