Immer
Immer,
[
1361-1362] ein Nebenwort der Zeit,
welches überhaupt die ununterbrochene Fortdauer einer Handlung oder eines
Zustandes bezeichnet. 1. Eigentlich, wo es wiederum in verschiedenen
Einschränkungen üblich ist. 1) Im schärfsten Verstande, eine ununterbrochene
Fortdauer zu bezeichnen, wie beständig 1. Man kann den Verstand nicht immer
anstrengen, ohne Unterbrechung. Ich weiß nicht, ob ich dein Betragen immer
werde dulden können. Ihr losen Mädchen thut immer als wenn euch nichts an den
Männern läge, Gell. Ich dachte immer, er würde seine Einwilligung nicht dazu
geben, ebend. Eine immer währende Glückseligkeit, nicht immerwährend. Eine
immer währende Freundschaft. Ihr Bild ist mir immer vor meinen Augen. Auf
immer, auf die ganze folgende Zeit; im höhern Styl nur immer. Er ist auf immer
verloren. Ich würde mir immer bey ihnen geschadet haben. Leben sie auf immer
wohl! Noch immer, von der gegenwärtigen Fortdauer eines schon vorher
angefangenen Zustandes. Stehest du noch immer? Vergeben sie mir, daß ich noch
immer den Zerstreuten vorstelle. Wo das noch auch zuweilen ausgelassen wird.
Ich kann immer für Verwunderung nicht zu mir selber kommen, Weiße, für noch
immer. In der Deutschen Bibel mit verschiedenen Beysätzen auch von einer Dauer
ohne Ende. Der Herr ist König immer und ewiglich, Ps. 10, 16. Gott dein Stuhl
bleibt immer und ewig, Ps. 45, 7. Seine Jahre währen immer für und für, Ps. 62,
7. Vor Comparativis bezeichnet es den mit der Fortdauer zugleich steigenden
Zustand einer Sache. Das Verlangen nach einem immer festern Frieden des
Gewissens. Immer weiter, immer höher, immer tiefer. Es wird immer ärger.
Vermittelst einer Ellipse kann es auch vor andern Kennwörtern stehen, die
ununterbrochene Dauer eines Zustandes zu bezeichnen. Sein immer gütiges Herz,
welches immer gütig ist.
Indem die immer offne Hand Wohlthätig andern nützet, Weiße.
Ihr Jungfraun deckt mit immer grünen Zweigen, Mit einem ganzen Lorberhain, Den
Weg, Raml.
2) In weiterer Bedeutung, in allen vorkommenden Fällen und
Gelegenheiten, für allemahl. Man muß immer Gutes thun. Ich erschrecke immer,
wenn ich ihn sehe. Wenn er mich siehet, weiß er immer etwas Neues. Der Arme muß
immer Unrecht haben. Ich handle, wie ich immer gehandelt habe. Das Angenehme
höret durch den allzu langen Genuß immer auf, angenehm zu seyn. Damit verdirbst
du mir immer die klügsten Einfälle. 3) In noch weiterer Bedeutung, für sehr
oft. Es regnet doch immer. Man höret immer etwas Neues. Es ist immer Zank unter
ihnen. Ich habe immer davon reden hören. 2. Figürlich, eine Art von Intension
zu bezeichnen, wo es im gemeinen Leben und in der vertraulichen Sprechart oft
zu einem Füllworte wird, welches zuweilen die Ründe der Rede befördert,
zuweilen aber auch ganz müßig ist. 1) Als eine versichernde Partikel, so wie
allemahl und allezeit. Dennoch ist er immer klüger als du. Du wirst immer
denken, ich erzählete dir ein Mährchen. Die Summe ist für mich beträchtlich
genug. Das wäre fürs erste immer genug. 2) Eine Art von Steigerung zu bewirken;
für auch, oder zu dessen Verstärkung. So arg du immer bist, Gell. So fromm er
sich immer stellen mag. Es habe ihn, was auch immer wolle, zur Untreue bewogen,
so u. s. f. Gell. 3) Eine mit Verwunderung verknüpfte Frage zu begleiten; für
immermehr. Wo mag er doch immer bleiben? Was will er doch immer anfangen? Was
mag er doch immer seyn?
O sage, wie es immer kam, Daß man dir deine Freyheit nahm?
Gell.
4) Eine Aufmunterung, eine Warnung, eine Bitte zu begleiten,
besonders in der vertraulichen Sprechart. Lassen sie sich es immer gefallen.
Legen sie immer noch etwas zu. Nehmt immer euren Beutel hin, Haged. Machen sie
sich immer nicht so groß, Gell. So meine liebe Freundinn, immer vertheidigen
sie mich bey meiner Braut, ebend. Gib mir immer den erquickenden Trost, daß ich
dich bald freudiger wieder sehe, Weiße. Lassen sie mich immer hier bleiben. 5)
Eine aus Verachtung, aus Geringschätzung herrührende Gleichgültigkeit
auszudrucken, wie immerhin. Er kann immer gehen. Er mag es immer behalten. Sie
können es immer glauben. 6) Ich will immer gehen, ich will nur gehen, ich will
inzwischen gehen. Er kann sich immer das Grab bestellen lassen, er wird doch
nicht gesund werden. Ich dächte, er nähme es immer an. Gib es immer her. Anm.
Bey dem Ottfried bedeutet jamer semper, bey dem Willeram und Notker jemer, in
dem alten Glaubensbekenntnisse bey dem Eckard immatur, und bey den heutigen
Schwaben, dem Schilter zu Folge, noch immater, in dem alten Gedichte auf den
heil. Anno imer, bey den Schwäbischen Dichtern iemer.
Ich klage iemer minen alten kumber, Reinmar der Alte.
Im Nieders. ummer, jummer, alljummer, im Dän. immer. Wachter,
welcher das Lat. semper für ein mit immer verwandtes Wort hält, läßt es von dem
Hebr. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und dem Griech.
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Tag, abstammen, und
erkläret es durch täglich. Ihre bringt das Schwed. jaemn, gerade, gleich,
ähnlich, und jaemt, accurat, genau, in Vorschlag, welches auch fortwährend
bedeutet, und in diesem Verstande bey den ältern Schweden jämliga lautete;
welche Ableitung der Wachterischen allemahl vorzuziehen ist. Indessen behält
doch Frischens Ableitung auch ihre Wahrscheinlichkeit, der es von je mehr
abstammen lässet, welche dadurch unterstützet wird, daß dieses Wort, besonders
in den mittlern Zeiten, auch häufig getheilt je mehr geschrieben wird.
Großer weder ichs alle mein Lebtag ye mer hab gesehen,
Theuerd.
wo es zugleich für jemahls stehet, in welchem Verstande es
schon bey dem Ottfried vorkommt:
Ni uuanes untar manne Jamer drost geuuinne,
glaube nicht, daß ich unter den Menschen jemahls Trost
bekomme. Ehedem war es auch in Gestalt eines Beywortes üblich. Ein iemer leben,
ein ewiges, immer währendes Leben, Winsbeck.
S. Nimmer und Je, mit dem Jod.
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1363-1364]